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Brandenburg: Es geht ein Flug nach nirgendwo

Die Wartehalle leer, die meisten Schalter zu. Tempelhof wirkt wie ein Museum

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Berlin - Spiegelblank ist der Linoleumboden. Es sind heute noch nicht all zu viele Schuhe darüber gelaufen, die ihn hätten verschmutzen können. Von den gut zwei Dutzend Schaltern an der rechten Seite der Halle ist nur einer geöffnet – aber gerade nicht besetzt. Eine Schlange gibt es davor trotzdem nicht. Es ist niemand da, der einchecken will.Wer gestern Mittag in der Wartehalle des Flughafen Tempelhofs stand, hatte das Gefühl, die jetzt vom Berliner Oberverwaltungsgericht für Oktober 2008 vorgeschlagene Schließung wäre schon durchgeführt worden.

„Das sah hier vor nicht all zu langer Zeit mal ganz anders aus“, sagt Kenan Egritepe. Draußen vor dem Flughafengebäude steht er neben seinem Taxi und wartet auf Fahrgäste. Er hat Zeit. Der nächste Flieger landet erst in drei Stunden. „Seit die Fluggesellschaft dba im Oktober zum Flughafen Tegel umgezogen ist, passiert hier nicht mehr viel“, sagt er und fürchtet, dass er seinen Stammplatz demnächst aufgeben muss. Auch Ines Bergfeld verlässt den Flughafen. Am Samstag öffnet ihr Zeitschriftenladen in der Wartehalle zum letzten Mal. Ihr Chef hat beschlossen, dass sie ebenfalls nach Tegel umzuziehen. Allerdings weniger wegen der drohenden Einstellung des Flugbetriebs, wie sie sagt, sondern weil der Verkauf von Duty-Free-Gütern nach der Einführung der neuen Sicherheitsbestimmung so stark eingebrochen sei. Wer keine Flüssigkeiten mit an Bord nehmen darf, kaufe keinen zollfreien Schnaps. Unpraktisch fände Gregor Kluyken eine Schließung. Er ist Pilot bei Cirrus-Airlines, einer Fluglinie, die derzeit dreimal täglich zwischen Mannheim und Tempelhof pendelt. „Viele Geschäftsleute und Politiker fliegen mit uns, und schätzen, dass sie hier mitten in der Stadt aussteigen können.“ Außerdem sei der Flughafen, der seit 1923 im Einsatz ist, doch auch ein Stück Kultur. „Da hängt doch eine Menge Geschichte dran.“ Um die sorgt sich auch Holger Trocha, Sprecher der Firma Air Service Berlin, die unter anderem Rundflüge mit einer alten Luftbrücken-Maschine anbietet. „Der Rosinenbomber gehört doch nach Tempelhof“, sagt er. „Was soll der denn in Schönefeld?“ Moritz Honert

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