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Höchste Zeit. Jahrelang hat man sich in anderen Ländern bedient, doch jetzt soll der Verwaltungsnachwuchs wieder verstärkt in Brandenburg ausgebildet werden. Der Bedarf ist groß, viele Beamte gehen bald in Pension.

©  Oliver Stratmann/ddp

Nachwuchsprobleme bei Brandenburgs Verwaltung: Es wird eng

Jahrelang vernachlässigte die Regierung den Nachwuchs für die Verwaltung. Das wird nun zum Problem.

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Früher sei er ja selbst ein Gegner des Beamtentums gewesen. „Inzwischen bin ich vom Saulus zum Paulus geworden“. So sagt es irgendwann Wolfgang Blasig, der Landrat von Potsdam-Mittelmark und Vorsitzende des Brandenburger Landkreistages. Er sitzt an diesem Montag gemeinsam mit Innenstaatssekretärin Katrin Lange und dem Präsidenten der Polizeifachhochschule, Rainer Grieger, im Podium dieser Regierungspressekonferenz in der Staatskanzlei, die mit „Personalgewinnung 2.0“ überschrieben ist. Es geht um Nachwuchssorgen des öffentlichen Dienstes im Land, denn auch hier drohenden Fachkräftemangel. Und dann zitiert Blasig einen Satz, der dem Alten Fritz zugeschrieben wurde: „Der Rock des Beamten ist eng, aber warm.“

Es ist ein Aphorismus, der nach den Schilderungen der drei Verantwortlichen ganz aktuelle Bedeutung hat. Denn der Beamtenstatus ist für Brandenburgs öffentlichen Dienst eins der wichtigsten Lockmittel geworden, um bei der jahrelang vernachlässigten Nachwuchsgewinnung für die Verwaltungen des Landes und der Kommunen nicht gegenüber der Wirtschaft ins Hintertreffen zu geraten. Es wird nämlich immer schwieriger, junge Leute für die Amtsstuben zu gewinnen. Land und Gewerkschaften wollen deshalb eine Werbekampagne für beruflichen Nachwuchs in eigener Sache starten. Brandenburg hat jetzt viel zu tun, auch einiges aufzuholen, wie Lange sagt. „Es ist höchste Eisenbahn.“ Allein in diesem Jahr gehen 600 Landesbedienstete in Pension. Und es werden in den nächsten Jahren immer mehr werden, 2022 werden es laut würden es bereits fast 1900 sein, sagt Lange. „Die letzten Jahre waren davon geprägt, dass Stellen abgebaut wurden“, räumte Lange ein.

Das Durchschnittsalter ist auf 50 Jahre angewachsen

Unterdessen alterte die Belegschaft beträchtlich. Der Altersdurchschnitt der Landesbelegschaft, deren Bestand derzeit bei rund 45 000 liegt, wuchs seit 2004 um fünf Jahre auf nunmehr 50 Jahre. Zugleich hat Brandenburg schon lange keine eigene Fachhochschule für öffentliche Verwaltung mehr. Die war vor zwanzig Jahren geschlossen worden. „Man hat sich mit Fremdeinstellungen lange Zeit bei anderen Ländern bedient.“ Das müsse man ändern.

Den Anfang macht ein neuer Studiengang für den gehobenen Dienst, der im Herbst an der Technischen Hochschule in Wildau startet. Ein dualer Studiengang, mit 65 Studierenden, 25 auf Ticket des Landes, 40 auf Ticket der Kommunen. Die Studenten sind bereits Beamtenanwärter, verdienen eigenes Geld (1128,07 Euro brutto im Monat), müssen nicht von Bafög-Darlehen und Nebenbei-Jobs leben. Es ist ein Studiengang, der mit dem Abschluss „Bachelor of Laws“ endet und bei Abiturienten offenkundig ankommt. Allein auf die 25 Plätze beim Land hatte es 540 Bewerbungen gegeben. Bei den 40 Kommunen-Plätzen waren es auch mindestens drei Mal so viele, so Blasig.

Für den mittleren Dienst soll eine eingestellte Ausbildung wieder aufgenommen werden

Es soll Schlag auf Schlag weitergehen. Der Wildauer Studiengang – für künftige Führungskräfte in Rathäusern, Kreisverwaltung und der Landesverwaltung – soll laut Lange aufgestockt werden. Für den mittleren Dienst soll von 2019 an die vor Jahren ebenfalls eingestellte Ausbildung an der Landesakademie in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) wieder aufgenommen werden. Und das Innenministerium selbst hat die Absicht, gemeinsam mit Brandenburger Hochschulen einen dualen Studiengang für Verwaltungsinformatik aufzulegen, da die Verwaltung – Stichworte sind Digitalisierung oder elektronische Akte – in den nächsten Jahren hier viele Experten braucht. Bei Technikern sei die Konkurrenz der Wirtschaft besonders stark, sagte Blasig. „Mit zunehmenden E-Gouvernment wird es eng.“

Besonders prekär ist aber die Lage bei der Polizei: Denn von den rund 4000 Landesbediensteten, die von 2017 bis 2020 in Pension gehen, arbeiten allein 1500 im Geschäftsbereich des Innenministeriums. Das Gros davon sind Polizisten. Zudem hat die Regierung die langfristige Ziel-Mindeststärke der Polizei wieder auf gut 8200 Beamte aufgestockt, nachdem sie mit der vermurksten und inzwischen gestoppten Polizeireform auf 7000 gesenkt werden sollte. Das bedeutet vor allem mehr Arbeit für die Fachhochschule der Polizei in Oranienburg. Früher bestand ein Jahrgang aus 100 Polizeischülern. Inzwischen wurde die Zahl auf 350 Ausbildungsstellen jährlich aufgestockt. Zwar kann sich die FH über mangelndes Interesse nicht beklagen: Es gibt jährlich rund 6000 Bewerbungen, die Hälfte aus anderen Ländern, vor allem Berlin, Mecklenburg und Sachsen-Anhalt, sagte Präsident Grieger. „Trotzdem ist die Konkurrenz groß. Auch die anderen Länder und der Bund suchen händeringend nach neuen Polizisten.“ 

Auch in Polen wird um Polizeinachwuchs geworben

Mittlerweile wirbt Brandenburg sogar im Nachbarland Polen um Polizeinachwuchs, etwa auf Bildungsmessen. „Jeder polnische Muttersprachler ist wertvoll für die Polizei.“ Die ersten drei Polen studieren inzwischen in Oranienburg, sagt Grieger. Die Haupthürde, sie zu gewinnen, sei die Amtssprache Deutsch als Voraussetzung. Und dann bekämen Anwärter gleich einen Intensivkurs in „Polizeideutsch“. T. Metzner/K. Peters

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