Brandenburg: „Es wird wohl knallen“
CDU-Vorstand heute vor nächster Machtprobe: Es geht um eine Affäre von 2004 – und wieder um die Zukunft des Parteichefs
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Potsdam - „Ich gebe dazu heute keine Erklärung ab“, sagt Ulrich Junghanns nur. Brandenburgs CDU-Vorsitzender hüllt sich in jenes vorsichtige Schweigen, für das er bekannt ist, wenn es brenzlig wird. In der Union, die er seit dem Abtritt des Granden Jörg Schönbohm vor sieben Monaten führt, ist es wieder so weit. Immer noch in zwei verfeindete Lager um Junghanns und seinen damals knapp unterlegenen Kontrahenten Ex-Generalsekretär Sven Petke gespalten, steht deren Führung erneut vor einer Machtprobe. Wird, wie manche meinen, bereits der Sturz von Junghanns vorbereitet?
Am Freitag wird im Potsdamer „Seminaris“-Hotel bis in die Nacht hinein der Landesvorstand tagen. Und egal, welche Seite man fragt, lautet die Antwort: „Es wird wohl knallen.“ Auf der Tagesordnung steht vordergründig die alte Affäre um einen 580 000-Euro-Auftrag für die CDU-Kampagne zur Landtagswahl 2004, den Schönbohm und der damalige Generalsekretär Thomas Lunacek heimlich an die Privatfirma „MaNo!“ des damaligen Landesgeschäftsführers Mario Faßbender vergeben hatten. Ein angreifbarer Deal, so dass die Kommission, Havelland-Kreischef Dieter Dombroski und der amtierende Generalsekretär Rolf Hilke im Abschlussbericht den damaligen Entscheidern und Faßbender keinen Persilschein ausstellen werden. „Mindestens“ mit einer „Rüge“ sei zu rechnen, heißt es. Aber in der CDU schließt man nicht aus, dass der vom „Petke-Lager“ dominierte Vorstand fordern wird, dass Junghanns seinen Vertrauten Faßbender als Vize-Regierungssprecher zurückzieht. Und dann? Da Faßbender nicht kündbar ist, würde es Junghanns weiter schwächen.
Das alles passt ins Bild. Der Schönbohm-Nachfolger, der zum Leidwesen seiner Anhänger eigene Akzente vermissen lässt, wird von Gegnern eingekesselt, gepiesackt und getrieben. Da wählt der Vorstand mal Petke – und nicht Junghanns Generalsekretär Hilke – zum Chef der Antragskommission für den nächsten Parteitag. Da taucht plötzlich ein Zeitungsartikel des früheren Blockpartei-Funktionärs Junghanns aus dem Jahr 1989 auf, in dem er die Berliner Mauer bejubelt. Oder der Europaabgeordnete Christian Ehler zerpflückt im Stil einer Generalabrechnung gleich seine gesamte Politik. Ach ja, war da nicht noch was? Begonnen hat alles fast auf den Tag genau vor einem Jahr mit der „Email-Affäre“, die den damaligen Generalsekretär Petke den Stuhl kostete. Und die im Zuge des permanenten Machtkampfes mittlerweile vollends in den Hintergrund geraten ist. Der Internet-Dienstleister der CDU Daniel Schoenland hatte damals bundesweite Schlagzeilen ausgelöst, als er auf einer Pressekonferenz den Vorwurf erhob, Petke und der damalige CDU-Landesgeschäftsführer Rico Nelte, hätten den elektronischen Postverkehr an die CDU-Führung ausgespäht. Beide haben das immer bestritten, Petke mit seinem Standardsatz: „Ich habe mich korrekt verhalten“. Dennoch sind die Vorwürfe der „Email-Affäre“, die anders als „MaNo“ im CDU-Vorstand keine Rolle mehr spielt, nicht ausgeräumt. Die Cottbuser Staatsanwaltschaft hat zwar die Ermittlungen längst eingestellt, die allerdings allein wegen des Verdachts der „Datenunterdrückung“ geführt worden waren. Denn nur das war in Deutschland strafbar – damals. Allerdings hat der Bundestag, Ironie des Schicksals, vor wenigen Wochen das Strafgesetzbuch verschärft, so dass mittlerweile auch das „Ausspähen von Daten“ und das „Abfangen von Daten“ strafbar sind. Heute läge der Fall anders, bestätigt man inoffiziell in der Staatsanwaltschaft. Die hatte festgestellt, dass in der CDU-Geschäftsstelle fremde E-Mails mitgelesen wurden. Das schrieb die Behörde etwa dem früheren JU-Vorsitzenden Sebastian Schütze, der Strafanzeige gegen Petke und Nelte gestellt hatte. „Der Konfiguration des Servers hat sich aber entnehmen lassen, dass eine Kopie der an Sie gerichteten E-Mails auch an die Adresse des Beschuldigten Nelte weitergeleitet worden ist.“ Auch die vom Innenministerium einschaltete Bundesnetzagentur sah diese Praxis als rechtswidrig an.
Wie auch immer, dass bald Ruhe in der Union einkehrt, glaubt niemand. So soll auf dem CDU-Landesparteitag im November nicht nur ein neues Programm beschlossen, sondern auch der bislang nur kommissarisch tätige Junghanns-Generalsekretär Rolf Hilke gewählt werden. Es droht eine Zitterpartie. Setzt das „Petke-Lager“ darauf, dass Junghanns zurücktritt, wenn Hilke durchfällt? Ein Ende der Grabenkämpfe ist in der Brandenburger CDU, ein Jahr vor der Kommunalwahl 2008, nicht in Sicht.
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