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Brandenburg: Ex-Piraten: Wählt die Piraten nicht Neuer Streit spaltet Berliner Fraktion

Berlin - Zwei Landeschefs haben die Berliner Piraten in diesem Jahr bereits verschlissen, die inhaltliche Arbeit im Abgeordnetenhaus läuft nach wie vor nur mühsam, die Frage, wie Transparenz im politischen Alltag umgesetzt werden kann, spaltet die Partei. Und nun das: Der Ex-Vorsitzende Gerhard Anger meldet sich zu Wort – mit einem vernichtenden Urteil zur Arbeit der Fraktion.

Von Sabine Beikler

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Berlin - Zwei Landeschefs haben die Berliner Piraten in diesem Jahr bereits verschlissen, die inhaltliche Arbeit im Abgeordnetenhaus läuft nach wie vor nur mühsam, die Frage, wie Transparenz im politischen Alltag umgesetzt werden kann, spaltet die Partei. Und nun das: Der Ex-Vorsitzende Gerhard Anger meldet sich zu Wort – mit einem vernichtenden Urteil zur Arbeit der Fraktion. Er sagt, er fühle sich als „Lügner“, weil er einst für die Piraten geworben habe, diese aber nun ihre Versprechen brechen würden.

Luft machte sich Anger in einem dreistündigen Podcast. Er diskutierte mit Fraktionschef Andreas Baum, das Parteimitglied Lars Hohl moderierte. Aufgezeichnet wurde die Runde vor gut zwei Wochen, im Internet veröffentlicht am Dienstag. Anger sagte in dem Gespräch: „Ich bin insbesondere angesichts der Leistung der Fraktion, die wir ins Abgeordnetenhaus gebracht haben, so ernüchtert, getroffen, immens enttäuscht, dass ich im Rückblick es nicht rechtfertigen könnte, diesen Wahlkampf zu organisieren.“ Er denke konkret über einen Parteiaustritt nach.

Anger kritisierte vor allem, dass die Piraten ihr Transparenzversprechen nicht umsetzen würden. „Ich habe mit dem, was ich damals als Landesvorsitzender gesagt habe – ,Wir werden unsere Arbeit transparent machen‘ – auf ganzer Linie gelogen, weil die Personen, deren Aufgabe es gewesen ist, das aus verschiedensten Gründen nicht auf die Reihe gekriegt haben.“ Auch sagte Anger: „Im Rückblick auf das Dreivierteljahr würde ich auf die Frage, ,Sollen wir die Piraten wählen?‘ antworten: ,Nö, lassen Sie’s lieber bleiben.‘“ Fraktionschef Baum gab zu, die Fraktion kämpfe mit einem „Riesenstau“ an Problemen.

Eine Anfrage dieser Zeitung zu dem Podcast, der normalerweise nur parteiintern Aufmerksamkeit findet, ließ Gerhard Anger am Donnerstag unbeantwortet. Auf Twitter schrieb er: „Der Podcast wurde vor 16 Tagen aufgenommen. Es hat sich seither einiges getan. Ich glaube, die Lage ist nicht hoffnungslos.“ Unverständnis löste Anger offenbar bei Teilen der Abgeordnetenhausfraktion aus. Beispielsweise twitterte Martin Delius, bis vor kurzem parlamentarischer Geschäftsführer: „Na gut, dann kann ich es ja auch ,bleiben lassen‘“. Von Rene Brosig, bis April Bundesschatzmeister, wurde ein Parteiausschlussverfahren ins Gespräch gebracht. Daraufhin äußerten via Twitter aber auch zahlreiche Piraten ihre Solidarität mit dem Ex-Landeschef.

Anger war einer der wichtigsten Organisatoren des Wahlkampfs und intern beliebt. Im Februar zog er auf einem Landesparteitag überraschend seine Kandidatur zur Wiederwahl zurück. Damals sagte er, er ertrage die emotionale Belastung nicht länger. Auch sein Nachfolger Hartmut Semken ist aufgrund umstrittener Äußerungen bereits wieder aus dem Amt geschieden. Angers jetzige Äußerungen werden zu einer Zeit bekannt, in der die Piraten das Thema Transparenz ohnehin diskutieren. Erst durch die Berichterstattung des Tagesspiegels erfuhren viele Parteimitglieder, dass sich die Fraktion in der vergangenen Woche zu einer Klausur hinter verschlossene Türen zurückgezogen hatte. Die Wellen schlugen hoch, zum Beispiel auf einer Mailingliste und in einer Facebook-Gruppe. „Transparenz ist eine tolle Sache, wenn man sie nur fordern, aber nicht umsetzen muss. Im letzten Fall merkt man nämlich ziemlich schnell, dass es nicht so einfach ist, seine Informationshoheit zu teilen“, schrieb ein Diskutant, ein anderer sprach von „Betrug“. Es meldeten sich aber auch Unterstützer. S. Beikler/K. Christmann

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