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Bestohlene Grüne in Brandenburg: Ex-Schatzmeister räumte 200 000 Euro von Parteikonten ab
Undurchsichtige Sammelüberweisungen, gefälschte Haushaltsberichte und Kreditkarten: Der Ex-Schatzmeister der brandenburgischen Grünen hat sich viel einfallen lassen. Eine Bilanzprüfung ergab nun: Christian Goetjes (33) hat mehr als nur die bekannten 40000 Euro von den Konten der Grünen mitgehen lassen. Insgesamt 200 000 Euro hat er seiner Partei gestohlen.
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Potsdam - Undurchsichtige Sammelüberweisungen, gefälschte Haushaltsberichte und Kreditkarten: Der Ex-Schatzmeister der brandenburgischen Grüne hat sich viel einfallen lassen, um an das Geld seiner Landespartei zu kommen. Eine Prüfung der Bilanzen ergab nun: Christian Goetjes (33) hat mehr als nur die bislang bekannten 40000 Euro von den Konten der Grünen mitgehen lassen. Insgesamt 200 000 Euro hat er seiner Partei gestohlen. Geld, das die Grünen für den Wahlkampf 2014 zurücklegen wollten. Nun ist der Landesverband auf einen Kredit der Bundespartei angewiesen und profitiert von höherer staatlicher Parteifinanzierung.
Aus der Spitze der Landesgrünen ist von einem ausgeklügelten System die Rede, mit dem Goetjes an das Geld kam. Es waren immer mehrere hunderte Euro, versteckt in Sammelüberweisungen mit fingiertem Verwendungszweck, die er in Margen auf sein Privatkonto überwies. Und er meldete für den Landesverband eine Kreditkarte an, mit der er Geld von den Parteikonten Geld abhob. Den „Doppelcheck“, das sogenannte Vier-Augen-Prinzip, mit dem Abhebungen vom Konto durch nun ein Mitglied des Landesvorstandes verhindert werden sollen, hat er damit ausgehebelt.
Der frühere Schatzmeister war Ende März gefasst worden. Doch unklar ist, wo die von Christian Goetjes von Parteikonten abgehobenen 40000 Euro sind. Fahnder hatten den 33-Jährigen in Berlin-Wedding festgenommen, mehrere Wochen war er auf der Flucht gewesen. Ein Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Goetjes lebt jetzt in Berlin und muss sich hier regelmäßig bei der Polizei melden.
Der 33-Jährige war zehn Jahre Landesschatzmeister, hatte Mitte Februar überraschend seine Parteiämter niedergelegt und war für niemanden mehr erreichbar. Bei Durchsicht der Bilanzen stießen die Grünen auf Unregelmäßigkeiten. Goetjes hatte kurz vor seinem Verschwinden von Parteikonten 40000 Euro abgehoben, obwohl dabei das Vier-Augen-Prinzip gilt - es müssen immer zwei Mitglieder des Landesvorstands unterzeichnen.
Mit Hochdruck prüfte die Partei dann alle Geldströme für den Jahresabschluss 2010, der Ende Mai beim Bundestag eingereicht werden muss. Die Ermittler hatten bereits kurz nach dem Verschwinden des Ex-Schatzmeisters und nach der Ende Februar gestellten Strafanzeige der Grünen wegen Untreue eine Wohnung in Berlin ausfindig gemacht. Dort lagen auch die für den Jahresabschluss fehlenden Finanz-Unterlagen der Landespartei für 2010. Von dieser Wohnung wussten aber weder die Eltern des Mannes, die in Hohen Neuendorf leben, wo Goetjes Stadtverordneter war, noch die Führung der Brandenburger Grünen.
Nach der Festnahme war Goetjes aus der Partei ausgetreten. In einem Brief an die Partei hat Goetjes aber keine Stellung zu den Vorwürfen bezogen, sondern lediglich mitgeteilt, dass er sich zu den Vorfällen vorerst der Partei gegenüber nicht äußern werde.
Die Umstände der Flucht sind unklar; etwa, ob Goetjes die ganze Zeit in Berlin untergetaucht war, wo die Fahnder erst den Wagen der Eltern und dann den 33-Jährigen aufspürten. Oder ob er sich nach Bulgarien abgesetzt hat oder sich dort zeitweise aufhielt. Dorthin jedenfalls hatte Goetjes im Mai und Juni 2010 an eine Frau Geld überwiesen, ein Finanzdienstleister meldete der Polizeiauffällige Zahlungen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt daher auch in einem Geldwäscheverfahren. Eine schriftliche Vorladung zu einer Vernehmung war offenbar der Auslöser für Goetjes Flucht.
Zu Beginn war Bulgarien für die Ermittler eine heiße Spur zudem flüchtigen Grünen-Politiker. Denn bekannt ist, dass er eine bulgarische Freundin hatte, es gab auch Spekulationen über eine bulgarische Prostituierte, die Goetjes freikaufen wollte. Er sei in den vergangenen Monaten sehr häufig von einem auf den anderen Tag nach Bulgarien gereist, hieß es aus Parteikreisen. Diese halten inzwischen auch eine andere Version der Flucht für möglich: Demnach könnten die Ermittler gezielt die Bulgarien-Fährte gestreut haben, damit sich Goetjes in Berlin in Sicherheit wiegt und irgendwann den entscheidenden Fehler begeht - sodass die Polizei zugreifen kann.
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