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Brandenburg: Experiment mit Folgekosten

Berlin und Brandenburg streiten über die Säuberungskosten für ein mit Giftschlammverseuchtes Feld

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Berlin/Potsdam - Berlin und Brandenburg treffen sich heute vor Gericht – aber nicht etwa zur Länderhochzeit, sondern im Streit. Berlin verlangt gut eine halbe Million Euro Schadensersatz für die Entgiftung eines Grundstücks. Kurzversion: Die Brandenburger sollen auf einem Berliner Grundstück Experimente mit giftigem Schlamm gemacht haben, und als alle Versuche gescheitert waren, alle Fördergelder verpulvert und die Umweltforscher pleite, da gaben sie das Land „hoch kontaminiert“ an Berlin zurück. So jedenfalls der Vorwurf der Berliner.

Es hatte ja auch verlockend geklungen. Das asiatische Schilf mit Namen Miscanthus sollte fast magische Fähigkeiten besitzen. Statt schwermetallverseuchten Klärschlamm teuer zu entsorgen, so die Idee, könnte man doch das Schilf arbeiten lassen. Es würde Wasser und Schwermetalle trennen, der gesäuberte Schlamm könnte dann als Dünger wieder auf die Felder. „Solche Theorien gab es immer wieder, dass man mit Pflanzen Altlasten entsorgen kann“, sagt Peter Hecktor, Chef der Berliner Stadtgutliegenschafts-Management GmbH (BSGM). Die private Gesellschaft UFG bekam Fördergelder, um es auszuprobieren. „Die sind natürlich längst in Konkurs“, sagt Hecktor. „Damals konnten sie wohl glaubhaft machen, mit dem Schilf könnten sie Flächen dekontaminieren.“

Heute ist man schlauer. Auf einem alten Rieselfeld östlich von Großbeeren wurde giftiger Schlamm ausgekippt und Schilf gepflanzt, aber das Schilf reinigte den Schlamm nicht. Außerdem gehörte das Grundstück gar nicht Brandenburg, sondern Berlin, und die Berliner verlangten es 2001 zurück, zunächst erfolglos.

Dann ging der UFG langsam das Geld aus, und sie schaffte weiteren Sondermüll heran, dessen Entsorgung sie sich bezahlen ließ. „Die Entsorgung über eine Versuchsanlage ist natürlich sehr zweifelhaft“, sagt die Berliner Grünen-Umweltpolitikerin Felicitas Kubala. Die UFG sei ja keine Entsorgungsfirma gewesen. „Es war eine Art Schneeball-System“, sagt Peter Hecktor, „und das ist dann irgendwann geplatzt“.

Mitte 2002 war die UFG pleite. Im Februar 2003 gab Brandenburg das Grundstück dann doch an Berlin zurück. Die Berliner stimmten zu, es in dem Zustand zu übernehmen, in dem es sich bei Übergabe befindet. Ihr böses Erwachen erlebten sie dann, als klar wurde, wie verseucht der Grund wirklich ist. Auf Drängen des Brandenburger Amtes für Immissionsschutz ließ die BSGM das Gelände sanieren – und verlangt nun 507 000 Euro zurück. Die Brandenburger berufen sich allerdings auf die oben genannte Klausel und wollen nicht zahlen.

„Uns trifft möglicherweise eine Art Mitschuld, weil wir nicht gleich Gutachter und Chemiker hingeschickt haben, um das Gelände zu überprüfen“, räumt Hecktor ein. Allerdings sei das auch unüblich, so ein Ausdruck des Misstrauens gegenüber einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Er wirft den Brandenburger Behörden außerdem vor, lange untätig zugeschaut zu haben. „Erst als Berlin wieder für das Gelände verantwortlich war, kamen die in Bewegung.“

Nun hat man sich vor dem Potsdamer Landgericht getroffen. „Wir hätten uns auch außergerichtlich geeinigt, aber die Forderung drohte zu verjähren“, sagt Hecktor. „Und auf die Einrede der Verjährung wollte Brandenburg nicht verzichten. Also mussten wir klagen.“

Für Brandenburg ist die Sache klar. „Die Rechtslage ist eindeutig“, sagt Jens-Uwe Schade, der Sprecher des Agrar- und Umweltministeriums. Berlin habe damals um die Fläche gekämpft und sie dann mit den „Rechten und Pflichten eines Eigentümers übernommen“. Das Land könne, so beschreibt Schade die Linie der märkischen Behörden in diesem Fall, „nicht einfach öffentliches Geld verschenken“. Ob Brandenburg damit wirklich rechtens gehandelt oder Berlin über den Tisch gezogen hat, wird das Landgericht in seinem heutigen Urteil entscheiden.

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