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Brandenburg: Expressiv und selbstbewusst
Arbeiterporträts, Subversives, DDR: 50 Jahre alt wird das Museum Junge Kunst in Frankfurt (Oder). Unbeschwert feiern können die Macher nicht
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Frankfurt (Oder) - Mit wildem Pinselstrich aufgetragene Farbflächen, Rot und Gelb, punktuell auch Weiß und Blau, ergeben ein fratzenhaftes Gesicht: Geradezu in Ekstase scheint der Leipziger Hartwig Ebersbach 1986 sein expressives Bild gemalt zu haben. Am unteren Rand ist sogar eine ausgedrückte Farbtube eingearbeitet.
Ebenso emotional, aber weitaus stiller ist das melancholische Aktbild „Erschrecktes Paar vor Spiegel“ von Günter Hein von 1989. Die tonigen Farben und eckigen Körper erinnern an Maler der „Brücke“. Die Schau „DDR expressiv - die 80er Jahre“, seit Ende Mai zu sehen, ist eine von zwei Jubiläumsausstellungen, mit denen der Vize-Direktor und amtierende Leiter des Museums Junge Kunst in Frankfurt (Oder), Armin Hauer, den 50. Geburtstag seines Hauses würdigt.
Zum eigentlichen Gründungsdatum zeigt er von Sonntag an für zwei Wochen die Ausstellung: „50 Jahre Museum Junge Kunst Frankfurt (Oder) - 50 Jahre Ausstellungen“. Sie erinnert mit einem Kaleidoskop aus 200 Plakaten sowie 150 Einladungen und Katalogen an zum Teil schräge, subversive Ausstellungen wie 1985 zum Werk von Walter Libuda unter dem Thema „Betten“. „Es ist überraschend, die Kontinuitäten zu sehen“, erklärt Hauer seine Einladung zu dieser Zeitreise von den offiziellen Anfängen 1965 über die Zeit des Umbruchs ab 1988/89 bis heute.
Offiziell eröffnet wurde das Museum als „Galerie Junge Kunst“ am 7. Oktober 1965, dem Staatsfeiertag anlässlich der Gründung der DDR. Seine Räume bezog es in der Gewölbehalle des spätgotische Rathauses. Der programmatische Auftrag lautete, die junge Kunst des „sozialistischen Realismus“ zu sammeln. Als erstes Werk verzeichnet das Inventarbuch eine Lithografie von dem Rostocker Armin Münch, der den Werksalltag auf den Werften zeichnete. Von 1965 stammt das Bild „Fenster II“ von Wolfgang Mattheuer - es kam direkt von der Staffelei ins Museum.
„Ein Merkmal der Galerie war, dass direkt in den Ateliers angekauft wurde“, berichtet Armin Hauer, „daraus entwickelten sich sehr gute Kontakte zu Künstlern.“ So gibt es ganze Konvolute etwa von Curt Querner, Max Uhlig oder auch Michael Morgner, Vertreter des Figurativen ebenso wie solchen, die das Figurative hinterfragten.
Neben politisch-korrekten Bildern, etwa den Arbeiterporträts von Paul Michaelis, einem Künstler, der zahlreiche Staatsaufträge erhielt, wurde auch Subversives angekauft, Grafiken von Hermann Glöckner, dem Nestor der konstruktiven Malerei in der DDR, auch Arbeiten von Gerhard Altenbourg, die Anfang der 1980er Jahre in die Sammlung kamen und die Abkehr vom Realismus dokumentieren. DDR-Künstler, die das Land verlassen mussten, konnten hingegen erst nach 1990 angekauft werden. Bis heute legt das Museum, das rund 11.000 Kunstwerke besitzt, den Schwerpunkt auf Kunst aus der DDR beziehungsweise auf Künstler, die aus dem Gebiet der ehemaligen DDR stammen.
Im vereinigten Deutschland drohte der Galerie Junge Kunst die Schließung, die Brigitte Rieger-Jähner, seit 1975 am Haus, als Direktorin mit einer Neuausrichtung, jedoch abwenden konnte. Statt einer Dauerausstellung präsentieren Sonderausstellungen sowohl Werke aus der Sammlung wie auch internationale Künstler wie Max Ernst und Salvador Dalí. Obwohl ab 1996 ohne Ankaufsetat, wuchs die Kollektion beständig weiter, ob mit Unterstützung von Sponsoren, durch die Arbeiten von Norbert Bisky oder Cornelia Schleime angekauft werden konnten, oder durch Künstler, die ihre Werke nach einer Ausstellung dem Museum als Geschenk oder als Dauerleihgabe überließen.
Nach der Pensionierung der engagierten Direktorin im Herbst 2014 muss Armin Hauer als kommissarischer Leiter und einziger Wissenschaftler sich erneut um die Zukunft seines Hauses sorgen.
Schlagzeilen machte in den vergangenen Monaten die geplante Fusion mit dem Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus zu einem Landesmuseum Moderne Kunst. Nach jüngsten Gesprächen am „Runden Tisch“ mit Künstlern sowie dem zuständigen Referenten aus dem Potsdamer Kultusministerium soll Museumsleiter Hauer künftig in die Erarbeitung des Konzeptes eingebunden werden.
Offen bleibt, wie das Haus in der geplanten Stiftung repräsentiert sein wird. Mit den beiden Jubiläumsschauen zu seinem 50. Geburtstag und seiner einzigartigen Sammlung empfiehlt sich das Museum Junge Kunst in Frankfurt/Oder jedoch als ein Ort, an dem die Kunst in und nach der DDR immer wieder neu in den Blick genommen wird.
Die Ausstellung „50 Jahre Museum Junge Kunst Frankfurt (Oder) – 50 Jahre Ausstellungen“ im Museum Junge Kunst, Rathaushalle, Festsaal, wird am 11. Oktober um 11 Uhr eröffnet und ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Rathaushalle, Festsaal, Marktplatz 1, 15230 Frankfurt (Oder), www.museum-junge-kunst.de
Sigrid Hoff
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