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Brandenburg: Fachlich verheerend

Die Zweifel der SPD, ob ein Volksbegehren gegen die Kreisreform verfassungskonform ist, sorgen im Landtag für Kopfschütteln

Stand:

Potsdam - Karl-Heinz Schröter hätte seinen Kabinettskollegen Stefan Ludwig (Linke) besser vorher fragen sollen. Aber der Ex-Landrat und amtierende Innenminister mit SPD-Parteibuch hegt an der Volksinitiative gegen die Kreisgebietsreform rechtliche Zweifel. Und seine Genossen in der SPD-Landtagsfraktion ebenso. Wobei die von Schröter und der Fraktionsspitze vor mehr drei Wochen erstmals vorgebrachten Bedenken in mehrerer Hinsicht bemerkenswert sind: Erneut agiert die SPD bei der Kreisreform nicht nur wiederholt politisch ungeschickt. Verheerender für Schröter und die Spitze der Landtagsfraktion ist aber das Fachliche. Nicht nur bei der Opposition wächst das Unverständnis. Selbst der Koalitionspartner, die Linke, reagiert zunehmend fassungslos. Obwohl erst Justizminister Ludwig, wie Schröter Verfassungsminister, erst im Partei-Newsletter und dann in der vergangenen Woche Linksfraktionschef Ralf Christoffers klargestellt haben, dass rechtliche Zweifel unbegründet sind, es keinen Hinweis darauf gibt, dass das Volksbegehren nicht verfassungskonform ist, hat die Landesregierung selbst das Thema noch immer nicht abgeräumt.

Bereits seit Februar hatte die SPD-Fraktion versucht, die Volksinitiative rechtliche infrage zu stellen – und ist damit krachend gescheitert. Seither wird die SPD den Vorwurf nicht los, die Volksinitiative mit allen Mittel torpedieren zu wollen. Im Innenausschuss deutete die SPD-Fraktion dann Ende März erneut rechtliche Zweifel an – entgegen der klaren Absprache mit dem Koalitionspartner. Der fühlte sich überrumpelt. Bei der Linken herrscht das blanke Unverständnis über das Vorgehen der SPD. Innenminister Schröter deutete dann im April-Plenum an, das folgende Volksbegehren vor dem Landesverfassungsgericht womöglich prüfen zu lassen.

Der Vorsitzende des Trägervereins der Volksinitiative, der Prignitzer Ex-Landrat Hans Lange (parteilos), macht nun in einem Brief an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Gespräche der Volksinitiative mit der Regierung davon abhängig, ob das Kabinett oder Rot-Rot im Landtag vor das Landesverfassungsgericht ziehen.

Konkret halten Schröter und die Fraktion die Volksinitiative in einem Punkt für verfassungswidrig. Denn sie fordert, dass alle Landkreise zustimmen müssen. Damit geht die Volksinitiative über die Landesverfassung hinaus. Darin ist in Artikel 98 festgelegt, dass die Landkreise angehört werden müssen. Schröter und die SPD-Fraktionsführung ziehen nun einen gewagten Schluss: Die Volksinitiative beschneide Landesregierung und Landtag in ihren Rechten, die Folge sei eine Reformblockade. Dabei legt die Verfassung in dem Artikel gleich nach dem Abschnitt zur kommunalen Selbstverwaltung nur fest: „Die Auflösung von Landkreisen bedarf eines Gesetzes. Vor der Entscheidung ist die gewählte Vertretung des Gemeindeverbandes zu hören.“ Damit sind die Mindeststandards festgelegt – also zu erfüllende Beteiligungsrechte der Landkreise. Sollte es die Volksinitiative bis zum Volksentscheid schaffen und dieser die nötige Mehrheit finden, hätte das den Rang eines Entschließungsantrag des Landtags. Zumindest bis zur Landtagswahl 2019 hieße es dann: Die Landkreise müssen zustimmen, sonst gibt es keine Fusion. Danach ist durch das Diskontinuitätsprinzip alles auf Anfang.

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