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Brandenburg: Fahnder an Loch 18

Viele Prominente sind Mitglied. Nun laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Wannsee-Golfer

Von Sabine Beikler

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Berlin - Aufregung im exklusiven Golf- und Landclub Wannsee. 1885 von britischen und amerikanischen Diplomaten gegründet, ist der Verein seit Langem zerstritten. Seit Jahren schwelen interne Konflikte, es kursieren E-Mails und Briefe mit Beschuldigungen. Jetzt ermittelt das zuständige Finanzamt gegen Mitglieder wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die Ermittlungen sollen nach „zwei anonymen und zwei Anzeigen namentlich bekannter Personen“ eingeleitet worden sein. Das steht in einem Schreiben des Club-Vorstands an die Mitglieder, das dieser Zeitung vorliegt.

Dem Club wird vorgeworfen, neuen Mitgliedern neben der Aufnahmegebühr bis zu 20 000 Euro zusätzlich abverlangt zu haben. Dieses Geld soll dann als Spende getarnt worden sein, um die Gemeinnützigkeit des Vereins nicht zu gefährden.

In seinem Newsletter informiert der Vorstand die 1800 Vereins-Mitglieder über Ermittlungen der Berliner Finanzverwaltung gegen elf ehemalige Vorstandsmitglieder und 37 Clubmitglieder wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in den Jahren 2008 und 2009. Den ehemaligen Vorständen wird dem Schreiben zufolge vorgeworfen, Spendenbescheinigungen ausgestellt zu haben für Zuwendungen von Mitgliedern, „die derzeit von der Finanzverwaltung steuerrechtlich als verdeckte Aufnahmegebühren angesehen werden“. Gegen Clubmitglieder laufen Ermittlungen, weil sie laut Vorstand in dem Schreiben „die Spendenbescheinigungen bei ihren Finanzämtern – nach Auffassung der Finanzverwaltung zu Unrecht – steuermindernd geltend gemacht haben“.

Auch Flughafenchef Hartmut Mehdorn steht auf der Liste der Spender. 2008 sollen er und seine Frau 40 000 Euro gespendet haben. Die „Bild am Sonntag“ zitiert den 71-Jährigen mit den Worten: „Es ist richtig, dass ich gespendet habe. Die Spende wurde bei mir aber nicht zur Aufnahmebedingung gemacht.“

Mitglieder des Golfclubs erzählen, dass „kein Golf-Club ohne Spenden auskommen kann“. Neu-Mitglieder seien zwar nicht schriftlich zum Spenden verpflichtet, doch werde von ihnen ein Obolus erwartet. Die Aufnahmegebühr beträgt im Golfclub 2500 Euro. Nach PNN-Informationen liegen dem Vorstand inzwischen schriftliche Bestätigungen von Neumitgliedern vor, die eine Spende geleistet und entsprechende Quittungen erhalten haben – und erklären, dass sie diese freiwillig und uneigennützig geleistet hätten.

Der Vorstand und steuerliche Berater des Vereins haben sich laut Schreiben inzwischen mit Finanzamtsvertretern getroffen. „Nach einer ersten Einschätzung“ hält der Vorstand die Vorwürfe für unbegründet, schreibt der Erste Vorsitzende Kurt Schnauck an die Mitglieder. Der Verein habe für die Jahre 2008 bis 2013 die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen für die Ausstellung von Spendenbescheinigungen von Steuerberatern prüfen und bestätigen lassen. Nun soll eine „Task-Force“ die Sachverhalte aufklären und „weiteren Schaden“ vom Club abwenden. Gegen den derzeitigen Vorstand soll die Behörde laut Schreiben keine Verfahren eingeleitet haben. Der Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, der den Club juristisch vertritt, weist darauf hin, dass die „heutigen Verantwortlichen“ des Vereins davon ausgehen, dass die Zahlungen von Mitgliedern für die Jahre 2008 und 2009 „zutreffend behandelt worden sind“ und es Steuerstraftaten nicht gegeben habe. Soweit einzelne Mitglieder betroffen seien, übersteige der „behauptete Steuerschaden“ nicht die „Bagatellgrenze“, die eine Verfahrenseinstellung ohne Strafurteil erlaube.

Unter Berufung auf das Steuergeheimnis lehnte Kathrin Bierwirth, Sprecherin der Finanzverwaltung, eine Stellungnahme ab. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, verwies auf die eigenständige Gerichtsbarkeit der Finanzämter. Ermittlungen würden von den zuständigen Stellen übernommen.

Der Golfclub geriet vor Jahren wegen eines umstrittenen Pachtvertrags in die Schlagzeilen. 2008 wurde dem Club ein 57 Hektar großes, landeseigenes Grundstück durch Erbbaurecht übertragen. Der Club zahlte einmalig drei Millionen Euro. Der Betrag wurde von der damaligen rot-roten Regierung, aber auch von CDU und Grünen als zu niedrig kritisiert.

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