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Brandenburg: Fahrgäste klettern auf freier Strecke aus der S-Bahn

Passagiere warteten 40 Minuten. Als sie aussteigen, wird der Strom abgestellt. Dann stoppen die Fernzüge

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Berlin - Jetzt haben Fahrgäste die Geduld bei der S-Bahn verloren – und sich dabei selbst gefährdet. Nach 40 Minuten Wartezeit in einem stehenden Zug zwischen den S-Bahnhöfen Jannowitzbrücke und Alexanderplatz stiegen Fahrgäste am Dienstagmittag eigenmächtig aus und liefen über die Gleise zur nächsten Station. Daraufhin musste auch der gesamte Fern- und Regionalverkehr auf diesem Abschnitt unterbrochen und die Stromversorgung der S-Bahn abgeschaltet werden. Stehen bleiben musste der Zug wegen eines Rettungseinsatzes auf dem Bahnhof Alexanderplatz und einer anschließenden Weichenstörung.

Um 12.19 Uhr war bei der Feuerwehr ein Notruf eingegangen, dass sich in einem Zug der S 3, der aus Richtung Erkner in den Bahnhof Alexanderplatz eingefahren war, eine hilflose Person befinde. Das alarmierte Rettungsteam habe sich um den betrunkenen Mann gekümmert und ihn dann der Polizei übergeben, teilte ein Feuerwehrsprecher mit. Weil das Gleis wegen des Einsatzes blockiert war, wollte die Bahn die S-Bahnen über das Nachbargleis führen. Beim dafür erforderlichen Stellen der Weiche sei es zu einer Störung gekommen, sagte ein Bahnsprecher. Ob Schnee die Störung ausgelöst hat, ist unklar. Im Vorfeld des Winters hatte der Betriebsrat der S-Bahn auf eine seiner Ansicht nach unzureichende Wintervorbereitung hingewiesen, was von der Bahn aber zurückgewiesen wurde.

Da das Gleis weiter blockiert war, stauten sich die Linien S 3, S 5, S 7 und S 75 auf der Stadtbahn. Fahrgäste wurden in den Bahnhöfen Jannowitzbrücke und Friedrichstraße aufgefordert, auf Züge des Regionalverkehrs auszuweichen. Diese Möglichkeit hatten die Fahrgäste in dem auf freier Strecke stehenden Zug nicht. Nach 40 Minuten Wartezeit öffneten einige der Eingeschlossenen über den Notgriff die Türen und kletterten auf das Gleis. Dabei muss man einen Höhenunterschied von rund einem Meter überwinden. „Das war lebensgefährlich", so der Bahnsprecher. Über Durchsagen seien die Fahrgäste im Zug zuvor noch um Geduld gebeten worden. Um die Leute auf den Gleisen nicht noch weiter zu gefährden, musste die Zentrale, die vom Fahrer der S-Bahn informiert worden war, den Strom abschalten und auch den Fern- und Regionalverkehr stoppen. Zwischen 13.10 Uhr und 13.25 Uhr ging gar nichts mehr.

Die Aussteiger kamen offenbar wohlbehalten im Bahnhof Alexanderplatz an. Zwar wurde die Bundespolizei alarmiert, doch als die Beamten eintrafen, war niemand mehr auf den Gleisen zu sehen. Wie viele Fahrgäste ausgestiegen waren, ist nicht bekannt. Gegen 13.30 Uhr konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden. Die im Zug gebliebenen Fahrgäste konnten auf dem nächsten S-Bahnhof aussteigen. Zu einem eigenmächtigen Aussteigen nach langen Aufenthalten auf freier Strecke kam es bei der S-Bahn schon öfter. Die Türen werden nur so gesichert, dass sie sich im Notfall öffnen lassen.

Auch ansonsten konnte die S-Bahn nicht wie geplant fahren. Weil noch weniger Wagen einsetzbar waren als am Montag, fuhren die Züge der Linie S 47 aus Spindersfeld nur bis Schöneweide oder Hermannstraße statt zum Südkreuz. Im Einsatz waren 291 Fahrzeugeinheiten; für den Notfahrplan werden 310 benötigt.

Im Fern- und Regionalverkehr gab es ebenfalls wieder Verspätungen und Zugausfälle. Betroffen war vor allem die Verbindung nach München. Heute soll wieder der Verkehr über Anklam nach Stralsund aufgenommen werden. Die Strecke war wegen Schneeverwehungen gesperrt.Sylvia Vogt/ Klaus Kurpjuweit

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