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Von Claus-Dieter Steyer und Peter Tiede: Fall Jennifer wird Konsequenzen haben

Lübbenow: Landkreis legt Untersuchungsbericht vor / Massive Fehler bei Jugendamt und Schulverwaltung

Stand:

Potsdam - Der Fall der jahrelang von ihren Eltern versteckten behinderten 13-jährigen Jennifer aus Lübbenow (Uckermark) wird nach PNN-Informationen personalrechtliche Konsequenzen haben. Dies ergebe sich zwingend aus dem Untersuchungsbericht, den Landrat Klemens Schmitz (parteilos) am morgigen Freitag in Prenzlau vorlegen will, sagte ein ranghoher Vertreter des Kreises Uckermark. Ein Sprecher des Kreises bestätigte, dass die hausinternen Untersuchungen abgeschlossen sind. Details nannte er zunächst nicht.

Nach PNN-Informationen steht laut Bericht fest, dass besonders im Jugendamt aber auch in der staatlichen Schulverwaltung massive Fehler gemacht worden sind. Kreissprecher Jörg Brämer betonte gegenüber der Nachrichtenagentur ddp lediglich, es habe in dem Fall individuelle Fehler gegeben. Jetzt müsse geprüft und abgewogen werden, wie das personalrechtlich zu werten sei. Brämer fügte hinzu, nicht nur in der Kreisverwaltung seien Fehler passiert, sondern auch auf anderer Ebene. So sei Jennifer nicht wie vorgeschrieben eingeschult worden. Veränderungen in der Leitung von Sozialdezernat und Jugendamt seien aus Sicht des Landrats „aktuell nicht erforderlich“.

Wie berichtet war das Kind nie bei einem Arzt und nie in einer Schule – ohne, dass es den Behörden nachhaltig aufgefallen wäre. Laut Untersuchungsbericht des Landrates wird einem Mitarbeiter des Jugendamtes angelastet, dass er Hinweisen der Ortsbürgermeisterin des zur Großgemeinde Uckerland gehörenden Lübbenow auf die Existenz des Mädchens nur schlampig nachgegangen sei: Er habe ungeprüft die Angaben der Eltern akzeptiert wonach das Kind wegen seiner Behinderung von der Schulpflicht befreit sei. Dabei hatte es ein Jahr zuvor schon Hinweise auf Missstände in der Familie gegeben: Damals ging es um das jüngste der drei Kinder der Lübbenower Familie. Bei dem Mädchen waren vor der Einschulung Entwicklungsdefizite festgestellt worden. Die Eltern seien in dem Fall kooperativ gewesen und hätten das Kind wie gefordert zur Förderung in eine Kindertagesstätte geschickt.

Aber auch der Schulverwaltung werden Fehler angelastet: So war auch der Grundschule in Werbelow im Jahr 2002 nicht aufgefallen, dass Jennifer nicht eingeschult wurde, obwohl ihr Name nach Angaben des Einwohnermeldeamtes auf einer Einschulungsliste stand. Das Bildungsministerium hatte deshalb am Dienstag erste Gespräche mit der Direktorin der zuständigen Schule geführt. Ergebnisse der Untersuchungen auf schulischer Ebene sollen am heutigen Donnerstag vorliegen.

Ergebnisse der kreisinternen Untersuchungen sollen Brämer zufolge zuerst mit dem Ältestenrat des Kreistags besprochen werden. Ein genauer Termin für die Sitzung stehe noch nicht fest. Anschließend werde sich der Jugendhilfeausschuss mit dem Fall Jennifer befassen.

Die Sondersitzung am 27. August beginne um 17.00 Uhr. Anschließend werde die Öffentlichkeit informiert. Nach dem Willen der Kreisverwaltung soll Jennifer künftig in einem Therapiezentrum für behinderte Kinder betreut werden. Das kündigte Landrat Schmitz an: Wir haben bereits einen Platz reservieren lassen“, bestätigte Schmitz. Dennoch schließe das eine mögliche Rückkehr der Tochter in ihre Familie nicht aus. Wie berichtet, war das geistig und körperlich behinderte Kind Mitte Juli nach einem anonymen Hinweis im Elternhaus entdeckt worden. Es befindet sich seitdem in der Kinderklinik Eberswalde, wo es täglich von ihren Eltern besucht wird. (mit ddp)

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