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Brandenburg: FDP-Politiker will gegen illegale Zulagen klagen
Zusatz-Salärs für Funktionäre im Landtag: Ex-Fraktionschef Hans-Peter Goetz kämpft für Stopp der verfassungswidrigen Praxis
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Von Thorsten Metzner
Potsdam - Der brandenburgische FDP-Landtagsabgeordnete und frühere Fraktionschef Hans-Peter Goetz will notfalls vor das Landesverfassungsgericht ziehen, damit im Potsdamer Landtag nicht länger grundgesetzwidrig Zulagen für die Führungscrews von Fraktionen gezahlt werden. Das hat Goetz am Dienstag gegenüber den PNN ultimativ angekündigt. „Die jetzige Praxis ist nicht verfassungskonform“, sagte Goetz, der auch Anwalt ist. „Die Klage ist im Grunde fertig.“ Er werde nur noch abwarten, ob der für Spätherbst 2011 angekündigte Vorschlag des Landtagspräsidiums zur Reform der Abgeordnetenversorgung eine verfassungskonforme Regelung zu den Funktionszulagen enthalte, also deren weitgehende Streichung. Allerdings haben SPD, Linke und CDU bereits erklärt, dass sie keinen Handlungsbedarf sehen. Die Erfolgschancen einer Klage gelten wegen eines Präzedenzurteils des Bundesverfassungsgerichtes als hervorragend. Goetz muss allerdings die eigene FDP-Fraktion verklagen, um ein Grundsatzurteil zu erzwingen – das dann für alle Fraktionen und künftige Parlamente gelten würde. „Die Verfassung ist doch nichts Beliebiges“, sagte Goetz. „Am Ende stünde Rechtssicherheit und Klarheit, an der alle ein Interesse haben müssen.“
Es geht um lukrative Zulagen, die alle Fraktionen außer die Grünen, also SPD, Linke, CDU und Goetz` Liberale, an Vize-Fraktionschefs, parlamentarische Geschäftsführer und Arbeitskreisleiter zusätzlich zur Diät von 4503,74 Euro zahlen. Karlsruhe hatte aber in einem Urteil vom 21. Juli 2000 (AZ. 2 BvH 3/91) am Beispiel des Thüringer Landtages eindeutig gerügt, dass solche Zulagen dem Grundgesetz-Artikel 38 widersprechen, wonach alle Abgeordneten gleich sind, es keine „Abgeordneten-Hierarchien“ geben darf. Ein gleichlautender Artikel steht in der Landesverfassung. Lediglich für Landtagspräsidenten (und deren Stellvertreter) sowie Fraktionschefs machten die Karlsruher Richter eine Ausnahme.
Zwar ist die Neigung im Landtag gering, die illegalen Pfründe anzutasten. Doch steht Goetz mit seiner Kritik nicht allein. Dass die Brandenburger Praxis gegen die Verfassung verstößt, sehen auch der Präsident des Landesrechnungshofs Thomas Apelt und der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch so, wie beide bereits im Januar auf PNN-Anfrage deutlich machten. Auch ein Rechtsgutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes im Landtag kam zu diesem Ergebnis. „Es darf keine Hierarchien unter Abgeordneten, keine Abgeordnetenlaufbahn geben“, sagte Apelt.
Eigentlich wollte Goetz die Klage sofort einreichen. Dass er noch abwartet, hängt mit Druck aus den eigenen Reihen vor dem FDP-Wahlparteitag am Wochenende zusammen. Dort soll der langjährige FDP-Landeschef Heinz Lanfermann - Goetz war jahrelang sein Generalsekretär - durch den amtierenden Generalsekretär Gregor Beyer abgelöst werden. Die Rechtslage ist so, dass Goetz die eigene Landtagsfraktion – sie zahlt an Fraktionsvize und parlamentarische Geschäftsführerin – verklagen muss, um ein Grundsatzurteil zu erzwingen. Pikanterweise hatte aber Goetz selbst 2009 als damaliger Fraktionschef nach dem Einzug der FDP in den Landtag die Zulagen eingeführt. „Ein Irrtum, ich hätte es besser wissen können, vielleicht besser wissen müssen“, sagt er heute dazu. „Uns wurde gesagt: Es machen alle so. Und das stimmt ja auch.“ Dass in der FDP nun mancher einen „Rachefeldzug“ vermutet, weil er später im Machtkampf gegen den heutigen Fraktionschef Andreas Büttner den Kürzeren zog, weist Goetz entschieden zurück. „Wenn gegen die Verfassung verstoßen wird, können gerade wir als freie Demokraten das nicht hinnehmen. Andere Parteien mögen das laxer sehen“. Tatsächlich sehen SPD, CDU und Linke, die weit stärker betroffen sind als die FDP, keinen Handlungsbedarf. Die SPD hat unter den 31 Abgeordneten sechs, die CDU sieben von 19, die Linke acht von 26 besserverdienende Abgeordnete. Alle müssten jeden Monat auf Hunderte Euro verzichten. Goetz weiß, „Freunde mache ich mir nicht“.
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