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Brand im Dachstuhl. Bis zu 70 Feuerwehrleute waren stundenlang mit den Löscharbeiten des denkmalgeschützten Hauses in der Schlüterstraße beschäftigt. Auch Ku’damm und Lietzenburger Straßen waren zeitweise für den Verkehr gesperrt.

© Paul Zinken/dpa

Brandenburg: Feuer unterm Dach

Am Morgen kamen die Dachdecker – dann brannte es im berühmten Hotel Bogota. Auch Wolfgang Joops Modeatelier nahm dabei Schaden

Stand:

Berlin - Löschschaum auf dem Boden, beißender Brandgeruch in der Luft, Touristen und Anwohner in Sorge: In dem Haus, in dem früher das bekannte Hotel Bogota residierte, stand am Freitag der Dachstuhl in Flammen. Gegen 10.30 Uhr waren die Beamten zur Charlottenburger Schlüterstraße 45 ausgerückt, tagsüber waren in Spitzen bis zu 70 Feuerwehrleute parallel im Einsatz. An denkmalgeschützter, historischer Stätte, die zu Jahresbeginn nach aufwändiger Sanierung gerade zu neuem Leben erwacht war.

So hat auch Designer Wolfgang Joop seine bisher in Potsdam ansässige Firma Wunderkind in dem sanierten Baudenkmal angesiedelt, und zwar in den Stockwerken vier und fünf, direkt unterm Dachstuhl. Studioleiter Christoph Becker sagte auf Anfrage dieser Zeitung, „die Dachdecker haben heute Morgen Bescheid gesagt, dass sie arbeiten und es laut wird“. Auf einmal habe der Dachdecker gesagt: „Es ist qualmig hier, wir müssen einen Spezialisten holen.“ Dann wurde der Schwelbrand entdeckt. „Es war erst mal nichts sichtbar. Dann ging es wahnsinnig schnell“, sagt der Studioleiter. Ein Sprecher der Berliner Feuerwehr bestätigte, dass das Feuer offenbar durch die Bauarbeiten ausgelöst worden war. Den genauen Hergang werden Kripo-Ermittler klären.

Was den Schaden betrifft, sagte Christoph Becker am Freitag: „Bisher sind zum Glück nur Nähmaschinen betroffen, die im Atelier stehen. Das Herzstück der Firma Wunderkind ist nicht betroffen, die Sommer-Kollektion 2017 und Skizzen von Wolfgang Joop sind zum Glück im linken Gebäudeteil.“ Allerdings waren am Freitag bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe langfristige Schäden noch nicht absehbar, etwa durch den intensiven Brandgeruch oder Wasserschäden. Für den Abend war eine Begehung angesetzt.

David Borck, Inhaber der gleichnamigen Immobiliengesellschaft, zog im März ein. „Ich selbst war nicht da, wir haben unser Büro im dritten Obergeschoss. Alle mussten raus, und wir haben 26 Mitarbeiter.“ Inwieweit sein Büro nun betroffen sei, konnte er mittags noch nicht sagen. „Ein Mitarbeiter versucht gerade, seinen Ausweis zu retten, er muss heute noch nach Moskau“, der Mann sprach mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr. Gegenüber dem Geschäftshaus mit Büros in den oberen Etagen und Läden sowie einem Lokal im Erdgeschoss betreibt Elke Brämer seit drei Jahren das Geschäft Agnona. Sie hat es unverzüglich verriegelt: „Der Geruch von dem Löschmittel zieht sonst schnell in die Textilien. Ich dachte, die Baustellenzeit liege nach fast drei Jahren hinter uns, jetzt geht das wahrscheinlich wieder los.“

Nach Auskunft der Feuerwehr waren keine Menschenleben in Gefahr. Für die Löscharbeiten hatte die Feuerwehr die Lietzenburger Straße, den Kurfürstendamm und die Schlüterstraße gesperrt. Der Brandherd war am Nachmittag gelöscht, aber vereinzelt flammten Glutnester wieder auf.

Das Haus hat eine bewegte Geschichte: Die für ihre avantgardistischen Modeaufnahmen bekannte Fotografin Yva, bei der Helmut Newton als 16-Jähriger seine Lehre begann, hatte hier Atelier und Wohnung. Das Gebäude wurde Sitz der NS-Reichskulturkammer; dann tagte dort die Entnazifizierungskommission. Später nutzte der Deutsche Gewerkschaftsbund den Altbau, erste Pensionsetagen gab es ab 1964. Der Betreiber und frühere jüdische Emigrant Heinz Rewald benannte das Hotel Bogota nach seinem Zufluchtsort in der kolumbianischen Hauptstadt. 1976 übernahm die Familie Rissmann die Geschäfte und machte das ganze Haus zum Hotel. Der Streit um ausstehende Mietzahlungen endete 2013 mit einem gerichtlichen Vergleich, der die Räumung zum Ende desselben Jahres besiegelte. Für den Immobilienunternehmer Thomas Bscher, dem das Gebäude gehört, ist es nicht der erste Dachstuhlbrand in einem Baudenkmal: Im Mai 2011 war während des Umbaus des alten Haus Cumberlands am Ku’damm bei Schleifarbeiten am Dach ein Feuer ausgebrochen. Bscher ist auch Eigentümer des damals betroffenen vorderen Gebäudeteils, später öffneten darin Läden und das Restaurant „Grosz“. Jetzt hoffen die Mieter in der Schlüterstraße auf einen guten Ausgang.

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