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Auf dem Trockenen. In Brandenburg sind im August und September wie auch schon zuvor im April dieses Jahres deutlich weniger Niederschläge als sonst gefallen. Das bringt Probleme für Binnenschifffahrt und Teichwirtschaft.

© Patrick Pleul/lbn

Von Alexander Fröhlich: Fischer und Schiffe auf dem Trockenen

Extreme Trockenheit gefährdet Karpfen-Zucht und Verkehr auf Oder und Elbe

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Potsdam - Brandenburgs Ruf als Land des Wassers ist in Gefahr. Auch wenn es dieser Tage wieder herbstlich regnet: Auf Oder und Elbe mussten Güterschiffe den Verkehr zum Teil einstellen, Teichfischer sehen ihre Betriebe in Gefahr und das Landesumweltamt sieht die Mark bereits auf dem Trockenen. „Ich musste im August schon notabfischen“, sagt Christoph Junghanns von der Teichwirtschaft Eulo bei Forst (Spree-Neiße). Dort betreibt er 23 Teiche, 55 Hektar sind diese insgesamt groß. Im Schnitt fängt Junghanns 40 Tonnen Fisch, vor allem Karpfen, aber auch Hecht und Schlei. In diesem Herbst werden es wohl nur 30 Tonnen sein. Der Grund: Die Wasserstände in den Teichen gehen zurück. „Wir hatten 30 bis 40 Zentimeter weniger, bei Tiefen von 1,20 Meter ist das ein Problem“, berichtet Junghanns. „Wir merken, der Klimawandel fordert zuerst in der Lausitz seinen Tribut, in den Sommermonaten fehlt einfach das Wasser.“

Tatsächlich gab es im August und September nicht einmal halb so viel Regen wie üblich. „Genau das sind aber die Wachstumsmonate für die Fische, wenn nicht mehr genügend Wasser nachkommt können die Fische nicht mehr richtig wachsen.“ Zudem haben es Kormorane, Reiher und Otter bei niedrigen Pegeln leichter, Beute zu machen. „Damit steigen die Verluste so unverhältnismäßig, als es für uns wirtschaftlich tragbar wäre.“ Junghanns musste wegen des Wassermangels sogar schon Teiche komplett trocken legen.

Wie dem Forster Fischer geht es den meisten der insgesamt 34 Betriebe, die im Land 4300 Hektar Teiche bewirtschaften – hinter Sachsen und Bayern ist Brandenburg damit deutschlandweit auf Rang drei. „Das Problem sind die Niederschlagsmengen“, sagt Lars Dettmann, Geschäftsführer des Landesfischereiverbandes. „Uns fehlt der Landregen, wenn überhaupt gibt es nur an drei, vier Tagen heftige Gewitter.“ Und ließen die Fischer sonst ihre Teiche im Frühjahr dank der Schneeschmelze voll laufen, nehmen sie heute alles mit, was im Winter an Niederschlag kommt, um überhaupt ausreichende Wasserstände zu erreichen. Optimistisch ist Dettmann keineswegs, die Erlöse brechen weg, der Nachwuchs sucht sich Jobs in anderen Branchen. „Wir wissen nicht, wie es in fünf Jahren aussieht.“

Auch das Landesumweltamt beobachtete an zahlreichen Flüssen und Seen im September nur Pegel im Niedrigwasserbereich. Behörden-Präsident Matthias Freude sagt: „Wir hatten 2009 wirklich extreme Phasen. Schon der April war der trockenste seit mehr als hundert Jahren.“ Für die Zukunft sagt Freude Wetterextreme mit längeren Trockenphasen und Starkregen vorher. „Der Grundwasserspeicher wird zu langsam aufgefüllt, ein echtes Problem.“ Das hat Folgen für die Flüsse, diese fließen extrem langsam. „Statt 54 Kubikmeter pro Sekunde verzeichneten wir an der Havel einen Durchfluss von nur zwei Kubikmetern.“ In der Spree sind dadurch in den vergangenen Jahren ein Drittel aller dort lebenden Arten ausgestorben. „Allein 2006 sind in der Krummen Spree mehrere Millionen Muscheln abgestorben, das merkt man an der Wasserqualität. Denn sie sind die billigste Kläranlage die wir haben.“ Auch die Güterschiffe haben ein Problem auf Elbe und Oder. Der Wasserstand lag in  Frankfurt (Oder) bei 80 Zentimetern, beladen brauchen die Schiffe mindestens 1,20 Meter. Selbst leere Kähne blieben auf Sandbänken stecken. Eine wirtschaftliche Güterschifffahrt war auf der Oder nicht möglich, hieß es vom Wasser- und Schifffahrtsamt Eberswalde. Die Aussichten sind düster: An der Elbe wird im Jahr 2050 nur noch jedes zehnte Jahr die von der Frachtschifffahrt geforderte ganzjährige Mindesttiefe von 1,60 Metern erreicht – so sagt es, wie auf unserer Wissenschaftsseite berichtet, Frank Wechsung vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) voraus.

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