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Brandenburg: Fischmousse oder Klopse?

Nicht so einfach, einen Präsidenten zu bekochen. Im Protokoll der Senatskanzlei hatte man sich, bevor John F.

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Nicht so einfach, einen Präsidenten zu bekochen. Im Protokoll der Senatskanzlei hatte man sich, bevor John F. Kennedy kam, die üblichen Sorgen gemacht und deshalb intern die Grundzüge festgehalten: Der Präsident, so wusste man, mochte kein Kalbfleisch – damit flog die sonst allen Staatsgästen behagende Lösung aus dem Programm. Doch davon abgesehen war Kennedys Geschmack einfach: Er aß gern Cremesuppe oder Fischmousse, dann Fleisch vom Grill als Hauptgang ohne Soße, Gemüse jeglicher Art, auch Salat und Käse, schließlich ein leichtes Dessert wie ein Soufflé oder Eisbombe. Und: lieber drei Gänge als vier. Damit waren die Grundsätze des bevorstehenden Staatsbanketts klar, und die Köche konnten ans Werk gehen. Was da genau serviert wurde, ist aus heutiger Sicht nur annähernd zu sagen.

Interessanter waren die Weine – zumal deshalb, weil vor kurzem Gunnar Tietz, der Chefsommelier des Palace-Hotels, auf eine unmögliche Mission geschickt wurde: Er sollte irgendwo exakt diese Originalweine für Barack Obama auftreiben, doch es gibt sie erwartungsgemäß auch bei den Erzeugern nicht mehr. Kein Wunder, denn es handelte sich nicht um bedeutende Pretiosen, sondern um solide deutsche Weine, typisch für den damaligen Stil.

Zum Steinbutt gab es 1961er Piesporter Grafenberg Riesling vom Gut Reichsgraf von Kesselstatt, einen jungen, nach heutigen Maßstäben vermutlich halbtrockenen oder „feinherben“ Moselwein aus großer Lage. Zum Rind hatte sich das Protokoll sogar einen richtig süßen Wein aus einem richtig großen Jahrgang einfallen lassen, nämlich eine 1959er Riesling Spätlese Ruppertsberger Nußbien von J. L. Wolf aus der Pfalz. Schließlich gab es zum Dessert deutschen Riesling-Sekt.

Welche Weine und Gerichte dem heutigen Präsidenten serviert werden, ist noch streng geheim – aber man wird vermuten dürfen, dass der Zeitgeist internationale Klassiker längst verschmäht und eher Berliner Traditionen aufgreift – oder gar Königsberger. Bernd Matthies

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