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Erfolg. Roland Weber und Tina K., Schwester des totgeprügelten Jonny.

© M.Wolff

Brandenburg: Fitnesskette gibt nach Nach Protesten von Angehörigen von Gewaltopfern hat Fitness First die umstrittenen Poster abgehängt

Berlin - Die Plakate sollen weg. Die Fitnesskette „Fitness First“ stellt nach einem Bericht dieser Zeitung ihre provokante Werbekampagne ein.

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Berlin - Die Plakate sollen weg. Die Fitnesskette „Fitness First“ stellt nach einem Bericht dieser Zeitung ihre provokante Werbekampagne ein. Seit Mittwochmorgen sind nicht nur die Plakate aus der Filiale am Alexanderplatz verschwunden, sondern in sämtlichen Filialen Deutschlands. „Wir haben uns entschieden, die Kampagne bundesweit aus unseren Clubs zu nehmen“, sagte eine Sprecherin des Unternehmens. „Wir haben unterschätzt, wie viele Menschen sie irritiert, und es war nicht unser Ziel, Gefühle zu verletzen.“

Wie berichtet warb Fitness First seit ein paar Tagen bundesweit mit Slogans wie „Tritt Deine Freunde“, „Mach Deine Freundin runter“ und „Mach Deine Freunde kalt“. Nur wer näher an die Plakate herantrat, konnte die Auflösung dieser provokanten Sätze lesen: „Mach Deine Freunde zu Trainingspartnern. Zusammen macht ihr den inneren Schweinehund kalt.“ Auf den ersten Blick las man immer nur die Aufforderung zu aggressivem Verhalten. Besonders pikant war, dass nur etwa 100 Meter entfernt vom Studio am Alexanderplatz vor drei Monaten der 20-jährige Jonny K. von sechs Jugendlichen brutal zu Tode getreten worden war. Die Familie des Opfers hatte sich durch die Werbeslogans verletzt gefühlt.

Für Berlins Opferbeauftragten Roland Weber, der die Werbeaktion als Erster öffentlich kritisiert hatte, ist das Abhängen der Plakate nur ein erster Schritt: „Man sollte grundsätzlich darüber nachdenken, ob man solche Art der Werbung braucht, und prüfen, ob man so etwas nicht in Zukunft verbieten kann.“ Nach Angaben der Fitness-First-Sprecherin hätten sich zahlreiche Kunden positiv zur Kampagne geäußert. Doch es gab auch andere Stimmen. Ein Mitglied, das seit 2005 mit seiner Schwester am Alexanderplatz trainiert, sagte am Mittwoch: „Ich habe mich über die geschmacklosen Plakate sehr geärgert. Grundsätzlich sollte man solche aggressive Werbung verbieten.“ Auch Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) hatte sich geäußert. Zwar habe die Politik da nichts zu entscheiden, „als Bürger aber lehne ich die Kampagne ab, weil sie unnötig die Gefühle von Gewaltopfern verletzt“, sagte Heilmann.

Volker Nickel, Geschäftsführer des Zentralverbands Deutsche Werbewirtschaft, appelliert an Unternehmen, ihre Form der Werbung zu hinterfragen. „Mittelständische Unternehmen wie Fitness First meinen, Aufmerksamkeit ist alles“, sagt Nickel. „Doch dieses Denken kann auch zum Bumerang werden, gerade wenn sich die Medien und die Öffentlichkeit kritisch mit dem Thema beschäftigen.“ Kerstin Hense

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