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Brandenburg: „Flächendeckende Katastrophe“

Märkische Bauern haben wegen der Dürre enorme Ernteausfälle – was sie ernten, ist auch weniger wert

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Potsdam – Das Jahr 2006 wird für Brandenburgs Bauern nach Einschätzung des Agrarministeriums zum „Katastrophenjahr“. Wegen der anhaltenden Trockenheit drohen besonders im Süden und Osten Brandenburgs Ernteausfälle beim Getreide von 60, in Einzelfällen gar von 80 Prozent, sagte gestern Jürgen Pickert, Referatsleiter für Pflanzenbau beim brandenburgischen Agrarministerium, den PNN. Falle auch in den nächsten Tagen keine nennenswerten Menge Regen, werde „die Katastrophe flächendeckend“.

Täglich breite sich die Dürre immer weiter nordwärts aus, so Pickert weiter. Betroffen seien bereits auch Einzellagen im südlichen Potsdam-Mittelmark und Havelland, im Osten habe die Dürre schon erste Felder in der Uckermark erreicht.

Besserung ist auch nach Ansicht des Landesbauernverbandes (LBV) Brandenburg nicht in Sicht.. Zum einen sagen die Metereologen weiter heiße Tage mit nur vereinzelten, kleineren Regenschauern voraus. Doch selbst wenn mehr Regen käme, könne er nicht mehr viel retten: „Vertrocknet ist vertrocknet. Tot bleibt tot“, so Jeannette Leisker vom LBV. Die nur in einigen Gegenden noch gefallenen Platzregen hätten kaum Linderung gebracht. Dort, wo in den vergangenen Wochen zumindest etwas Regen gefallen ist, habe er mehr geschadet als genützt, so Leisker. Entweder sei der Niederschlag so gering gewesen, dass das Wasser gleich im Boden versickerte oder verdunstete. Oder die Niederschläge seien als Extrem – Hagel oder Platzregen – gefallen, so dass sie die Böden ausgeschwemmt hätten.

Da besonders im Süden neben den Nutzpflanzen auch die Weiden und das Winterfutter auf den Feldern vertrocknet ist, hat der Bauernverband eine Futterbörse eingerichtet. Dort sollen sich notleidende Bauern aus dem Süden zumindest kurzfristig mit Viehfutter aus nicht ganz so trockenen Landesteilen eindecken können.

Die Ernteverluste beim ersten Futterschnitt, so Leisker, lägen derzeit im Landesdurchschnitt bei einem bis zu zwei Dritteln der Normalerträge: „Die Futterreserven sind bereits durch den langen Winter aufgezehrt worden. Das Vieh hat also kaum noch Futter.“

Besonders dramatisch ist die Lage beim Mais, der in Brandenburg fast nur noch als „Futtermais“ angebaut wird. Im Süden seien fast alle Bestände betroffen: Die Blätter seien verdreht und vertrocknet, die Kolben klein, die Körner mickrig und fast ohne Stärkegehalt.

Neben der Trockenheit hat auch ein kleiner, schwarzer Käfer dazu beigetragen, dass die Landwirte vor einer Katstrophe stehen. Der Rapsglanzkäfer hatte im Frühsommer – ebenfalls vor allem im Süden und Osten – ganze Rapsbestände heimgesucht. Da die Käfer gegen die zugelassenen Pestizide resistent waren, wurde bis zu 80 Prozent weniger Raps geerntet. „Jetzt sitzt der Käfer vielerorts in den Gemüsebeständen und schädigt diese“, berichtet Agrarexperte Pickert.

Nach Einschätzung des Agrarministeriums wird die Dürre neben den Ernteausfällen weitere dramatische Folgen haben: Die nicht gänzlich vertrockneten Getreidebestände seien meist wegen der Hitze von geringer Qualität – die Körner seien kleiner, hätten einen geringeren Stärkegehalt. „Das lässt sich dann meist nicht mehr für Lebensmittel nutzen und wird nur noch als minderwertiges Futtergetreide abgekauft“, so Pickert. „Die Bauern ernten nicht nur weniger, sondern das, was sie noch ernten, ist auch noch erheblich weniger Wert.“

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