Brandenburg: Flammen über Neukölln
Beim Brand in einem Pflegeheim stirbt ein 89-Jähriger, 100 Bewohner verbringen die Nacht auf der Straße
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Berlin - Bei einem Brand im obersten Stock eines Pflegezentrums in Neukölln ist in der Nacht zu Mittwoch ein Bewohner gestorben. Rund 100 Menschen mussten von der Feuerwehr evakuiert werden. Sie harrten bis in die frühen Morgenstunden auf dem Bürgersteig der Sonnenallee aus, bis ihre Notunterkunft eingerichtet war. Die Feuerwehr brachte vier Heimbewohner wegen Rauchgasvergiftungen ins Krankenhaus, außerdem wurden fünf Polizisten und zwei Feuerwehrleute bei den Rettungsarbeiten verletzt. Für einen 89-jährigen Mann kam allerdings jede Hilfe zu spät.
Laut Polizei lebte das Todesopfer in jener Wohnung im fünften Stock des Hinterhauses, in der der Brand ausgebrochen war. Gegen 22.30 Uhr hatte ein Brandmelder ausgelöst – als Polizei und Feuerwehr wenig später in der Sonnenallee 47 eintrafen, hatte das Feuer schon auf das Dach übergegriffen und 120 Quadratmeter Dachstuhl in Brand gesetzt. Die Flammen schlugen meterhoch aus dem Gebäude, eine schwarze Rauchsäule stand über Neukölln und war weithin zu sehen.
Was das Feuer ausgelöst hatte, war am Mittwochnachmittag noch nicht endgültig geklärt; die Polizei geht aber von fahrlässiger Brandstiftung aus: Offenbar war der Tote Raucher – möglich scheint, dass eine vergessene Zigarette die Katastrophe auslöste. Die Feuerwehr schickte acht Staffeln mit rund 120 Feuerwehrleuten in den Einsatz, acht freiwillige Feuerwehren wurden aktiviert.
Auch die Polizei war mit einem Großaufgebot von 100 Mann in der Sonnenallee vertreten, das Deutsche Rote Kreuz schickte 50 Ehrenamtliche der schnellen Einsatzgruppe. Das Hinterhaus und zwei Nebengebäude wurden geräumt – da viele Bewohner gehbehindert, dement oder sogar bettlägerig waren, nahm dies einige Zeit in Anspruch. Erst gegen 1 Uhr früh waren alle Bewohner des Pflegezentrums nach draußen in Sicherheit gebracht worden, um 3 Uhr war der Brand schließlich unter Kontrolle. Bis die Notunterkunft in der Mehrzweckhalle der Rütlischule – nur wenige Gehminuten vom Pflegezentrum entfernt – bezugsfertig war, dauerte es allerdings noch eine weitere Stunde.
Erst dann konnten die Bewohner versuchen, noch etwas Schlaf zu kriegen. Die letzten Feuerwehrleute durften erst am frühen Morgen nach Hause, nachdem die letzten Glutnester gelöscht waren.
Am Mittwochvormittag war Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) in der Notunterkunft , um die Senioren zu sprechen. „Die Leute sind relativ entspannt“, sagte Giffey, „viele sagen, sie hätten im Krieg viel Schlimmeres erlebt.“ Die Evakuierten seien wie gewohnt vom Pflegepersonal aus dem Heim betreut worden, Notfallseelsorger würden den Menschen Zuspruch leisten. Alle Beteiligten hätten vorbildlich reagiert.
Am Mittwochnachmittag wurden die Etagen eins bis drei nach einer Begehung des Pflegeheims wieder für den Bezug freigegeben. Das Feuer hatte das Heim nicht so stark beschädigt, dass es völlig unbewohnbar geworden wäre. Ab 17.15 Uhr wurden 79 Bewohner vom Deutschen Roten Kreuz in ihre Wohnungen zurückgebracht, 18 weitere Bewohner kamen vorerst in einem anderen Neuköllner Wohnheim unter. Am härtesten getroffen wurden die Bewohner des fünften Stocks: Alle 17 Zimmer waren durch Feuer und Löschwasser zerstört worden. „Wir werden diesen Menschen sagen müssen, dass ihre Zimmer und alle Erinnerungsstücke weg sind“, sagte Giffey, „das wird noch mal ein herber Schlag für die Leute.“ Timo Kather
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