Brandenburg: Flaschenpost zu langsam
Online-Auktionshaus bricht Versteigerung ab
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Berlin - Plötzlich war der Bildschirm leer: „Wir saßen mit dem Laptop hier am Hafen, und auf einmal machte es bumm, und die Seite war weg“, erzählt Konrad Fischer. Der Fischer aus Kiel wollte eigentlich sehen, für wie viel Geld die älteste Flaschenpost der Welt versteigert würde. Im März hatte er sie aus der Ostsee gezogen, 101 Jahre nachdem sie der Treptower Bäckersohn Richard Platz ins Wasser geworfen hatte. Doch kurz vor Ende der Versteigerung brach das Auktionshaus Ebay ab: „Die Auktion war aufgrund ihrer ungewöhnlich langen Lieferfrist nicht im Einklang mit unseren allgemeinen Geschäftsbedingungen“, so ein Ebay-Sprecher.
Zurzeit ist die Flasche nämlich noch im Internationalen Maritimen Museum Hamburg (IMMH) ausgestellt, und zwar mindestens bis zum 31. Dezember. Erst danach wollte sie Fischer an den Höchstbietenden verschicken –als die Auktion abgebrochen wurde, stand sie bei mehr als 3600 Euro. Aber eine Ware erst ein halbes Jahr nach der Auktion zu liefern, das gehe bei Ebay nicht, sagt der Sprecher, Fischer hätte höchstens das Eigentumsrecht verkaufen können.
Erst einmal erleichtert sein dürfte Angela Erdmann aus Pankow. Die Enkelin von Richard Platz hat ebenfalls Ansprüche angemeldet. Auf Facebook schrieb sie: „Mein Opa hat eindeutig auf der Postkarte in der Flaschenpost geschrieben, dass der Finder sie an ihn zurücksenden soll. Auch wenn die Flaschenpost 101 Jahre unterwegs war, gehört sie doch den Nachfahren und nicht dem Fischer!“
Sie wollte die Flasche für das Museum, und es deutet vieles darauf hin, dass sie dort landet: Der freie Kurator des IMMH, Holger von Neuhoff, erzählt, ein Spender sei bereit, Konrad Fischer die Flasche abzukaufen und dem Museum zu stiften. „Der Stellenwert dieses Exponats ist sehr hoch für unser Museum. Als ich gesehen habe, dass die Flasche bei Ebay steht, war ich angefasst.“ Er vermisst bei Fischer den Respekt gegenüber einem „so historischen Gut“ sowie gegenüber dem Museum und der Enkelin: „Er hätte uns etwas sagen können, bevor er sie verkauft, dann hätten wir eine Lösung gefunden.“
Konrad Fischer versteht die Aufregung nicht: „Ich kann ja nicht bei jedem Blecheimer, den ich aus dem Wasser ziehe, nach dem früheren Besitzer suchen“, sagt er, „und meistens ist es den Leuten auch total egal, solange kein Wert auftaucht.“ Ursprünglich wollte er von dem Geld aus der Auktion seinen Kutter reparieren lassen. Jetzt wird er mit dem Museum in Verhandlungen treten: „Eigentlich ist das ja auch schöner, wenn das im Museum steht als bei irgendjemandem zu Hause im Schrank.“ Bodo Straub
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