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Brandenburg: Flucht in letzter Minute

Nach zehn Tagen Angst endlich zu Hause: Eine Berliner Familie entkam dem Krieg im Libanon

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Berlin - „Wir sind seit über 50 Stunden auf den Beinen“, gibt Frank Masche am Freitagnachmittag über Handy durch. „Jetzt sind wir endlich in Deutschland – Greta hat alles gut überstanden“, erzählt er. Greta ist die dreijährige Tochter des Minenräumers, der im Juni mit seiner Familie in den Libanon gezogen war, um dauerhaft dort zu leben. Bis der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah ausbrach.

Frank Masche ruft von einer Autobahnraststätte bei Magdeburg an und erzählt erschöpft von der dramatischen Flucht aus dem Krisengebiet.

Der 38-Jährige räumt seit fast 15 Jahren Minen in unsicheren Ländern. Derzeit arbeitet er für die britische „Mines Advisory Group“. Seit Juni war er in Nabatije, einer Stadt südlich von Beirut, beschäftigt. Er hielt das Land für sicher, „wir wollten uns hier eine Zukunft aufbauen.“ Die Masches wohnten mit der Tochter in Tyros – noch weiter im Süden des Libanon. Bis israelische Soldaten vor knapp zwei Wochen Ziele im Libanon bombardierten. „Als es losging, war ich gerade bei der Arbeit in der Zentrale in Nabatije,“ sagt Masche. Dort erfuhr er, dass auch in der Nähe von Tyros Raketen eingeschlagen waren. Er setzte sich in einen Jeep und raste nach Hause, um Frau und Kind zu holen – doch fast alle Brücken waren schon zerstört. In letzter Minute konnte er seine Frau Anja und Greta über einen Schleichweg aus Tyros nach Beirut bringen. „Eine Woche lang saßen wir im Beiruter Hotel fest“, sagt Masche. Versuche, mit einem britischen Kriegsschiff zu fliehen oder auf eine französische Fähre zu gelangen, scheiterten.

Am Mittwoch wurden die Masches schließlich mit einem Buskonvoi nach Damaskus gebracht. „Dort setzte man uns um drei oder vier Uhr nachts an der falschen Stelle aus, und der Bus fuhr weg“, berichtet Frank Masche. „Wir haben dann selbst zum Studentenwohnheim gefunden, wo sich alle Deutschen versammeln sollten, die ausgeflogen werden wollten.“ Dort herrschte „heilloses Chaos“. Am Donnerstagnachmittag wurden die Masches zum Flughafen in Damaskus gebracht. „Dort gab es Hilfskräfte mit Wasser und Essen – aber einheimische Gepäckträger haben vieles davon gestohlen“, erzählt der Minenräumer entsetzt. Er erhebt Vorwürfe gegen die Behörden in Deutschland. „Die Leute von der Botschaft vor Ort haben alles getan, um den Leuten zu helfen“, sagt Masche. Aber das Auswärtige Amt scheint schlecht auf so eine Lage vorbereitet gewesen zu sein, meint der Minenräumer. „Warum kommen britische Kriegsschiffe und französische Fähren direkt nach Beirut und holen ihre Leute raus, während wir Deutschen mit dem Bus auf den gefährlichen Straßen nach Damaskus in Syrien fahren müssen?“, will er wissen. „Am Straßenrand vor der Grenze haben wir einen beschossenen Militär-Kontrollpunkt aus nächster Nähe gesehen.“

Von Damaskus aus flogen die Masches nach Köln und fuhren mit einem Mietwagen nach Berlin. Dagny Lüdemann

Dagny Lüdemann

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