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Brandenburg: Flucht ins ICC

Berlins Kongresszentrum könnte Flüchtlingsheim werden. Brandenburgs Kapazitäten werden ausgebaut

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Berlin - Das Bankgebäude der LBB, der Flughafen Tempelhof: Fast täglich gibt es neue Vorschläge für die Unterbringung von Flüchtlingen. Jetzt steht auch das ICC auf der Liste der infrage stehenden Immobilien. „Alles kommt auf den Prüfstand“, sagte Regina Kneiding, Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales. Die Not sei groß bei dem unverändert starken Zustrom von Flüchtlingen, da müsse jedes leer stehende, landeseigene Gebäude durch die Unterbringungsleitstelle geprüft werden.

Brandenburg baut indessen die Kapazitäten seiner Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber weiter aus. Wie Innenstaatssekretär Matthias Kahl am Freitag in Potsdam sagte, werden am Samstag an der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt zusätzliche Zelte zur vorübergehenden Notunterbringung von 130 Asylbewerbern errichtet. Die Zeltstadt am Standort Unterschleuse werde um 70 Plätze aufgestockt. Zudem wurden 100 Plätze in einem Hotel bei Frankfurt (Oder) angemietet. Damit stehen der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes ab dem Wochenende insgesamt knapp 3200 Plätze für Asylbewerber an insgesamt sechs Standorten zur Verfügung.

Ob das Berliner ICC-Gebäude am Messedamm tatsächlich auserkoren wird als Stützpunkt zur Begrüßung oder sogar Unterbringung von Flüchtlingen, ist ungewiss wegen seiner Asbestbelastung. Gerüchte, wonach dies auch beim Wilmersdorfer Bankgebäude der Fall sei, bestätigte die Verwaltung nicht. Allerdings gehöre das Haus nicht dem Land Berlin. Und Umbau und Beschaffung dauern, dabei ist der Zeitdruck gewaltig: Täglich steigt die Zahl der Asylsuchenden.

Eberhard Diepgen, früherer Regierender Bürgermeister und Mitglied der Flüchtlings-Task-Force „Beirat für Zusammenhalt“, sagte: „Nach den letzten Senatsentscheidungen sind Dinge in Bewegung gekommen, Objekte werden mit stärkerer Konsequenz geprüft und Umbauten stehen bevor.“ Diepgen hatte bereits im vergangenen Jahr das ICC als Flüchtlingsunterkunft ins Gespräch gebracht.

Der CDU-Politiker sprach sich dafür aus, die Flüchtlingswelle als „Gesamtaufgabe“ anzusehen und deshalb „Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern besonders zu behandeln“. Hier stehe die „Zielrichtung einer möglichen Rückkehr in die Heimatländer“ im Vordergrund, und dies dürfe nicht „durch die Art der Unterbringung konterkariert werden“. Er würde eine getrennte Unterbringung von Flüchtlingen etwa aus Balkanländern nicht ausschließen, sagte Diepgen weiter. Menschen, für die ein Bleiberecht in Aussicht stehe, müssten rasch eingegliedert und deren Kinder in die Schulen aufgenommen werden. Zumal eine solche Strategie zu einer „erheblichen Entlastung“ im Bereich der Unterkünfte führen könne.

Angesichts der Lage nannte Diepgen den Einsatz der Mitarbeiter der Sozialverwaltung „bemerkenswert“. Zusätzliches Personal werde Entlastung bringen.

Laut Sozialverwaltung sind die benötigten 180 Mitarbeiter aus anderen Verwaltungsbereichen bereits gefunden. Die Rekrutierung von Personal für das überforderte Landesamt für Gesundheit und Soziales zählt zu den Aufgaben des Koordinierungsstabes des Senats. Diesen hatte die Große Koalition vor gut zwei Wochen gegründet. Er ist mit Vertretern aller beteiligten Senatsverwaltungen besetzt, darunter die Ressorts für Soziales, Finanzen und Stadtentwicklung. An der Suche nach Immobilien ist auch die Verwaltungsgesellschaft für landeseigenen Grundbesitz beteiligt, die Berliner Immobilien Management. Noch bis Ende des Jahres sollen 4000 weitere Plätze entstehen, damit alle Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf bekommen, so ein Beschluss des Koordinierungsstabes. Ralf Schönball

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