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Michael Stübgen (CDU), Minister des Innern und für Kommunales, spricht während der von der SPD beantragten Aktuellen Stunde. Im Hintergrund sitzen Manja Schüle (l, SPD), Brandenburger Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, und Britta Ernst (r, SPD), Brandenburger Ministerin für Bildung, Jugend und Sport.

© dpa/Soeren Stache

Update

Flüchtlingspolitik in Brandenburg: Die Gräben in der Kenia-Koalition bleiben tief

Zwar hatte das Regierungsbündnis eine Einigung im Streit um den Umgang mit einer steigenden Zahl von Flüchtlingen verkündet. Doch die erfolgte offenkundig nur oberflächlich.

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Nach außen schien alles in Ordnung zu sein. Doch als der Brandenburger Landtag am Mittwoch im Rahmen einer „Aktuellen Stunde“ über die Aufnahme von Flüchtlingen debattierte, war klar erkennbar: Der Haussegen in der rot-schwarz-grünen Regierungskoalition hängt auch nach der am Dienstag vom Kabinett verkündeten Einigung zur Flüchtlingsunterbringung ziemlich schief.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Petra Budke, griff Innenminister Michael Stübgen (CDU) und den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Jan Redmann, in ihrer Rede deutlich an. „Dass der Innenminister von ,Asyltourismus’ spricht und der CDU-Fraktionsvorsitzende die Asylverfahren an die EU-Außengrenzen verlagern will, sehen wir sehr kritisch“, sagte Budke. „Nicht ohne Grund gelten bei uns das Grundrecht auf Asyl, die EU-Grundrechte-Charta und die Genfer Flüchtlingskonvention.“ Man wisse aus der deutschen Geschichte, wie wichtig es ist, Menschen, die in Not sind, Schutz und ein neues Zuhause zu bieten. Doch Applaus aus SPD und CDU bekam Budke für ihre Rede nicht.

Ein immer wiederkehrendes Thema in den Reden war am Mittwoch die Angst vor einer Überlastung der Kommunen. Am Dienstag hatte sich die Koalition deswegen darauf geeinigt, 3000 neue Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen in Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen.

SPD begrüßt Kompromiss zur Verweildauer in Erstaufnahmeeinrichtungen

„Wir müssen den Kommunen mehr Zeit verschaffen“, sagte der SPD-Fraktionschef Daniel Keller. Er halte deswegen den von der Koalition beschlossenen Kompromiss einer Verweildauer in der Erstaufnahme von 18 Monaten und der Prüfung einer möglichen Verweildauer von 24 Monaten für richtig. „Es wäre ein schlechtes Signal, wenn die Kommunen Zelte aufstellen müssen, während in der Erstaufnahme freie Betten sind.“ Ähnlich äußerte sich CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Er sprach sich zudem für stärkere Differenzierungen zwischen den Zuwandernden aus: „Man muss differenzieren zwischen denen, die viel Leid erlebt haben und einen Anspruch auf Hilfe haben und denen, die aus anderen Gründen kommen und das nicht haben.“

Doch während der CDU-Fraktionschef Applaus aus seiner eigenen Fraktion und von der SPD erhielt, war es diesmal an den Grünen, nicht zu applaudieren. Zumal Stübgen in seiner Rede sagte, dass er seinen Plan einer zentralen Landeseinrichtung zur Unterbringung von Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive nicht aufgegeben habe. „Das scheint mir das richtige Konzept für gezielte und erfolgreiche Betreuung derjenigen, die ohne komplette Aussicht auf Aufenthaltstitel nach Deutschland gekommen sind.“ Dieses Konzept sei nicht gescheitert. Man habe sich im Kabinett allerdings darauf verständigt, entsprechende Einrichtungen künftig von den Kreisen betreiben zu lassen.

Scharfe Kritik von der Linken

Deutliche Worte für die Flüchtlingspolitik der Landesregierung fand indes die Opposition. „Wer sind wir denn hier, in gute Flüchtlinge aus der Ukraine und schlechte Flüchtlinge aus Nigeria zu unterscheiden?“, empörte sich Linken-Fraktionschef Sebastian Walter. „Es ist einzig das Glück der Geburt, das uns von diesen Menschen unterscheidet, nichts anderes.“ Die Menschen kämen nach Deutschland, weil man ihnen in ihren Herkunftsländern die Zukunft gestohlen habe. Man müsse deswegen über die deutsche Politik in den Heimatländern der Menschen, etwa die Waffenexporte, reden.

Hingegen warf der AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt der Koalition vor, die Lage zu verschlimmern, wenn Menschen ohne Bleibeperspektive über das Chancen-Aufenthaltsrecht doch noch einen Aufenthaltstitel bekämen.

Nonnemacher betont Chancen

Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) wollte dagegen vor allem die mit der Zuwanderung verbundenen Chancen sehen. „Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, Menschen jahrelang zum Nichtstun zu verdammen“, erklärte Nonnemacher. „Wir lassen Akademiker mit brillanten Englischkenntnissen und Ärztinnen in der Untätigkeit, weil sie ein Kopftuch tragen.“

In Deutschland würden über 4000 Menschen auf ihre Einbürgerung warten. „Wir können es uns nicht leisten, sie zu verlieren“, sagte Nonnemacher. Doch auch nach ihrer Rede klatschten aus dem Koalitionslager nur die Grünen. Bei SPD und CDU blieb es still: Deutlicher konnten die Abgeordneten kaum zeigen, dass die Gräben in der Koalition in der Flüchtlingspolitik alles andere als überwunden sind.

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