Von Thorsten Metzner: Fluglärm weckt das Parlament
Abgeordnete fordern Klarheit über Routen zum neuen Airport / Verwirrung um Schutzzone gegen Krach
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Potsdam - Wegen des Streits um die Flugrouten zum Großflughafen wird die Fluglärmkommission um Vertreter mehrerer betroffener Gemeinden erweitert. Das hat Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Donnerstag im Landtag erklärt. Es gehe um Kommunen, die nach den Vorüberlegungen der Deutschen Flugsicherung (DFS) in einer Höhe von 2000 Meter überflogen werden, also Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow, Rangsdorf, Zeuthen, Königs Wusterhausen und Erkner. Vogelsänger forderte die DFS auf, die Problematik der Flugrouten, die in den Südbezirken Berlins und in Brandenburg eine Welle der Entrüstung und Empörung ausgelöst hat, „zeitnah“ zu klären. Die bislang geplante Festlegung im Jahr 2012 wäre zu spät, so Vogelsänger.
Der Landtag verabschiedete einen Entschließungsantrag der rot-roten Koalition, in dem unter der Überschrift „Daten auf den Tisch“ eine stärkere Berücksichtigung von Lärmschutzaspekten bei den Flugrouten verlangt wird. Außerdem wird von der DFS die Vorlage „alternativer Planungen“ und weitergehender Informationen gefordert. „Dabei sollte auch die Darstellung der jeweiligen Flugkorridore, Zahl der Flüge pro Flugzeugmuster, Höhe und Lärmbelastung einbezogen worden sein, und zwar von allen Gemeinden/Städten, die in einer Höhe von bis zu 3000 Meter überflogen werden.“ Ein Antrag der Grünen, die auch Flugrouten-Vorschläge externer Gutachter prüfen lassen wollen, fand im Landtag keine Mehrheit.
Besonders groß sind, wie in der kontroversen Landtagsdebatte deutlich wurde, die Sorgen in der Region Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow. Dort liege der Immobilienmarkt bereits brach, behauptete der FDP-Abgeordnete Hans-Peter Goetz. Künftig würde Teltow alle vier Minuten von einem Flugzeug überflogen.
Vogelsänger hatte in seiner Rede klargestellt, dass im Planfeststellungsbeschluss verankert sei, dass Lärmschutzmaßnahmen bei realen Belastungen auch außerhalb der definierten Lärmschutzzonen vorgenommen werden. Irritationen hatte eine Aussage von Infrastrukturstaatssekretär Rainer Bretschneider auf einer Bürgerversammlung verursacht, dass es in Teltow keine geben werde. Auf Anfrage erklärte Bretschneider nun, „aller Voraussicht nach werden dort die Lärmbelastungen nicht so groß, dass sie für Lärmschutzmaßnahmen relevant werden“. Man „werde die Flugzeuge hören, die Leute fühlen sich auch gestört“, aber die Pegel für Lärmschutzmaßnahmen würden nicht erreicht. Ursache der Turbulenzen sind laut Vogelsänger die getrennten Verfahren und unterschiedlichen Zuständigkeiten für Planfeststellung und Flugrouten. „Auch wir haben das in der rot-grünen Bundesregierung damals versäumt.“
Auch der Berliner Senat will die Bürger in Berlin und Brandenburg künftig besser über die geplanten Flugrouten vom Großflughafen Berlin-Brandenburg (BBI) informieren. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung spreche sich nicht nur für eine „optimale Aufklärung“ aus, sondern habe zugleich die brandenburgischen Kollegen gebeten, sich mit Informationen zum Thema „nicht zurückzuhalten“, sagte Staatssekretärin Maria Krautzberger am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Brandenburgs Landesregierung war, wie berichtet, jüngst wegen ihrer Informationspolitik zu den Routen scharf kritisiert worden – schon seit 1998 sei bekannt gewesen, wo die Routen für den BBI entlangführen könnten.
Die Flugrouten waren Anfang September von der Deutschen Flugsicherung vorgestellt worden. Demnach wären nach Eröffnung des BBI im Sommer 2012 mehr Brandenburger Gemeinden und vor allem Berliner Stadtgebiete von Fluglärm betroffen als bislang angenommen. Grund sind besondere Sicherheitsabstände bei Parallelstarts von Flugzeugen. Gegen diese Variante protestieren zahlreiche Bürgerinitiativen in Berlin und Brandenburg.
Zur nächsten Sitzung der Fluglärmkommission beim brandenburgischen Infrastrukturministerium sollen Ende Oktober potenziell betroffene Gemeinden und Bezirke vertreten sein, darunter erstmals Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow, Rangsdorf, Zeuthen, Königs Wusterhausen und Erkner. Zwar wünschten noch mehr Orte eine Teilnahme, die Kommission müsse jedoch arbeitsfähig bleiben, betonte Vogelsänger. Allerdings sollte die DFS weitere Kommunen in die Diskussion einschließen. (mit pet, dapd)
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