Brandenburg: Frankfurter Rockerurteil aufgehoben Prozess gegen Hells Angel wird neu aufgerollt
Karlsruhe/Frankfurt (Oder) - Durch die Messer-Attacke war Holger „Hocko“ B., der frühere Chef der Hells Angels Nomads Berlin in Altlandsberg (Märkisch-Oderland) so schwer verletzt worden, dass er fast verblutete – nun muss der Prozess gegen einen der Angreifer neu aufgerollt werden.
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Karlsruhe/Frankfurt (Oder) - Durch die Messer-Attacke war Holger „Hocko“ B., der frühere Chef der Hells Angels Nomads Berlin in Altlandsberg (Märkisch-Oderland) so schwer verletzt worden, dass er fast verblutete – nun muss der Prozess gegen einen der Angreifer neu aufgerollt werden. Das Urteil gegen ein Mitglied der Hells Angels Nomads Berlin weist gleich mehrere Fehler auf, wie aus dem am Montag veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hervorgeht.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) hatte den damals 33 Jahren alten, eifrigen Hells-Angels-Soldaten Christian M. im Mai 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamthaftstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der Mann soll mit einem Komplizen den früheren Rocker-Boss „Hocko“ 2011 vor dessen Haus überfallen und mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben, damit er den Club in Zukunft in Ruhe lässt. Nur durch eine Not-Operation konnte er gerettet werden.
Im Hintergrund geht es bei dem Fall um interne Fehden bei den Hells Angels: Christian M. und sein damals aus Mangel an Beweisen freigesprochener Komplize galten als Anhänger des Ost-Berliner Hells-Angels-Präsidenten André S., dessen Anhänger auch in Brandenburg die Szene dominierten und der Holger „Hocko“ B. entmachtet hatte. B. war 2008 wegen Streits um Geld und Respekt mit dem Segen des nordamerikanischen Rockeradels aus dem Bikerclub geworfen worden – allerdings in „bad standing“, ein Szenebegriff für „unehrenhaft“. Dennoch bat er beim damaligen Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth um Wiederaufnahme. Die Berliner Rocker aber wollten ihn nicht – der Anschlag war ein Denkzettel. Mutmaßlich veranlasst von Gegenspieler André S. An dem rächte sich Hocko übrigens: Von einem Auftragsmörder wurde André im Sommer 2012 in Berlin niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. Im Dezember 2013 wurde Hocko deshalb zu siebeneinhalb Jahren Haft wegen Anstiftung zum versuchten Mord verurteilt und sitzt im Knast.
Der BGH beanstandete nach den Revisionen der Staatsanwaltschaft, von Holger B. als Nebenkläger und der Verteidigung nun das Urteil der Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) zu dem Anschlag auf Hocko. Einen Tötungsvorsatz hätten die Richter nicht vorschnell ausschließen dürfen. Konkret hatte die Kammer des Landgerichts keinen direkten Tötungsvorsatz und keinen versuchten Mord gesehen. Der Grund: Hocko war ins Bein und in die Hüfte gestochen worden, er blutete stark. Aus Sicht der Kammer hätten die Angreifer bei Mordabsicht in den Oberkörper gestochen, es habe sich um eine in Rockerkreisen übliche Bestrafungsaktion gehandelt. Der BGH moniert nun, dass die Kammer den Ausschluss „eines bedingten Tötungsvorsatzes“ nicht tragfähig begründet habe. Soll heißen, es wurde nicht geprüft, ob der Angreifer den eigentlich unerwünschten Tod des Opfers möglicherweise als Folge gleichgültig in Kauf nahm.
Auch die Darstellung der Spurenlage im Urteil des Landesgerichts zieht der BGH in Zweifel. Eine DNA-Analyse wies eine Hautschuppe des Verurteilten auf der Jacke des Opfers nach. Doch bei der Darstellung der Analyse im Frankfurt-Urteil fand der Bundesgerichtshof methodische Mängel – sie genügte damit nicht den üblichen Anforderungen. (Az. 4 StR 558/15) Alexander Fröhlich
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