Brandenburg: Friede den Lauben
Umweltaktivisten besetzen Kleingärten in Treptow
Stand:
Berlin - Es gibt Linsensuppe und Bier. Ein Gasofen bringt die Temperatur in der Hütte auf angenehme 20 Grad. Die Stimmung unter den Besetzern ist ausgelassen. Die Kleingartenanlage in der Treptower Beermannstraße sollte am Montag eigentlich dem Senat für den Autobahnbau übergeben werden, doch eine Gruppe von Umwelt- und Kiezaktivisten hat die Laubenkolonie auf der künftigen Trasse der A 100 zum neuen Protestort erklärt.
„Alle raus ans Tor“, ruft ein Demonstrant. Eine Delegation der Senatsbauverwaltung rückt an, um die letzten Gärten zu übernehmen. Das hätte eigentlich schon vor Wochen passieren sollen. Die Pächter waren aber mit der angebotenen Entschädigung für ihre Datschen nicht einverstanden. Deshalb wurde finanziell noch mal was draufgesattelt.
Insgesamt sieben Mieter der Häuser, die abgerissen werden sollen, wollen ihre Wohnungen nicht aufgeben. Was mit ihnen passiert, ist unklar. Die Bauverwaltung will zunächst weiterverhandeln, bis eine einvernehmliche Lösung gefunden ist. Wenn daraus nichts wird, sollen die Wohnungen geräumt werden. Bis Jahresende müssen Häuser und Grundstücke an der Beermannstraße leergezogen sein, damit Vorbereitungen für die künftige Baustelle getroffen werden können. Im Frühjahr werde dann mit dem Bau begonnen, sagte eine Sprecherin.
Der Protest gegen die A 100 hat den Bau des 16. Abschnitts zwischen Kreuz Neukölln und Treptower Park bisher weder verhindern noch hinauszögern können. Bis 2022 soll die 3,2 Kilometer lange Trasse fertig sein. Und der Autobahnbau soll weitergehen. Die Koalitionsparteien SPD und CDU sprechen sich in einem gemeinsamen Antrag dafür aus, auch den 17. Bauabschnitt der A 100 vom vorläufigen Ende am Treptower Park weiter bis zur Frankfurter Allee zu bauen.
Wie lange sie den eisigen Temperaturen trotzen werden, dazu geben die Besetzer keine Prognosen ab. Am Tor der Gartenanlage haben Robin-Wood-Leute einen Baum besetzt. Die A-100-Gegner paktieren mit Aktivisten des Kiezbündnisses Karla Pappel, das sich in Treptow gegen steigende Mieten und Verdrängung engagiert. Mit dem Autobahnbau gingen rund 100 günstige Wohnungen in zwei Häusern an der Beermannstraße verloren, sagen die Aktivisten.
Die Besetzer haben zwei Vermittler benannt, die mit dem Senat verhandeln sollen: den grünen Verkehrsexperten Harald Moritz und den Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde von Alt-Treptow Paulus Hecker. Eine Anfrage wegen eines Gesprächs mit dem jetzigen Verkehrssenator und künftigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) sei bislang nicht beantwortet worden, sagte Hecker. Seine Kirchengemeinde habe sich bislang nicht klar zum Bauvorhaben A 100 positioniert, er gehe aber davon aus, dass eine „ziemlich satte Mehrheit“ gegen den Autobahnbau sei. Als Vermittler sei er vor allem daran interessiert, dass der Konflikt friedlich ausgetragen werde, sagte Hecker. Thomas Loy
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: