Brandenburg: Friede in Mittelelbe
Streit um die Deiche in der Prignitz ist beigelegt
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Lenzen - Es war ein Wettrüsten der guten Art: Brandenburg hatte seine Elb-Deiche höher gebaut als Mecklenburg-Vorpommern. Das gab Streit zwischen den Nachbarn, der schließlich vor wenigen Wochen in einer Klage Mecklenburgs gegen Brandenburg vor dem Verwaltungsgericht Potsdam mündete.
Doch die Wogen im Streit um die Elbdeiche in der Prignitz zwischen beiden Ländern haben sich geglättet. Vier gut gelaunte Landespolitiker schritten gestern in der Nähe der Kleinstadt Lenzen über den Damm auf märkischer Seite der Elbe und waren am ende des Spaziergangs froh, größeren Ärger vermieden zu haben. „Es gab gewisse Verhakelungen in den Verwaltungen“, sagte Reinhard Meyer (SPD), Chef der Schweriner Staatskanzlei. „Die haben wir jetzt entfädelt“, fügte sein märkischer Amts- und Parteikollege Clemens Appel schnell an.
Das Bauwerk selbst, um das es ging, ist fast zehn Kilometer lang und nach Meinung der Mecklenburger ein paar Zentimeter zu hoch – 15, um genau zu sein. Der Damm, so befürchteten sie, könne dazu führen, dass sich die komplette nächste Elbeflut ins Mecklenburgische ergießt. Deswegen hatte Schwerin Klage gegen das brandenburgische Landesumweltamt erhoben. Gar nicht so sehr, um den Rückbau der Deiche zu erzwingen, wie Reinhard Meyer nun erklärte. Die Klagefrist musste eingehalten werden. „Eine vorsorgliche Maßnahme.“
Dabei hatten es die Brandenburger nur gut gemeint. Nicht so, wie es auf den ersten Blick aussieht: Unsere Seite bleibt trocken und da drüben die Sintflut. „Es ist beachtlich, was Brandenburg schon geleistet hat“, lobte der Schweriner Umwelt-Staatssekretär Karl-Otto Kreer (SPD) und verwies auf die entstandenen 420 Hektar Überschwemmungsflächen, die durch die Rückverlegung der Neubau-Deiche in Brandenburg entstanden sind und die im Flutungsfall auch Mecklenburg vor noch höheren Pegelständen schützen.
Angesichts der Bauzeit, die es braucht, um solch einen Damm neu zu errichten und der Geldmengen, die in Schotter, Kies und Lehm fließen (ein Kilometer Deich kostet rund 1,5 Millionen Euro), nimmt sich die Zeit eher bescheiden aus, die die Politiker brauchten, um ihre Differenzen beizulegen. Nicht mal eine Dreiviertelstunde tagten die vier Staatssekretäre, bevor sie im Burggarten in Lenzen verkündeten, dass sich alles zum Guten wendet.
Man werde bis Ende des Jahres ein gemeinsames Verfahren finden, so Meyer, das alle Anrainerländer im Bereich Mittelelbe gleich behandelt. Auf Staatssekretärsebene wird verhandelt und auch an Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt herangetreten, die von Elbefluten betroffen sind. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz und ein weiteres unabhängiges Institut sollen hinzugezogen werden. Und am Ende soll eine Zahl stehen, die künftig alle einhalten müssen – ein Art Elb-Deich-Norm. Wenn die nicht zu weit von den 8,15 Meter abweicht, muss Brandenburg die nächsten, bereits projektierten Dämme nicht überarbeiten.
Die Klage gegen Brandenburg werde „ruhen gelassen“. „Das heißt nicht, dass sie zurück gezogen wird“, so Meyer, „aber sie wird nicht weiter verfolgt.“
Geändert hat sich somit gestern zumindest für Brandenburg kaum etwas. Das Streitobjekt in der Prignitz wird Ende August eingeweiht – so wie es ist. Andreas Wilhelm
Andreas Wilhelm
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