Brandenburg: Friedlich wie nie
Randale in der Walpurgisnacht? Nicht diesmal. 3000 Menschen zogen, von der Polizei dirigiert, durch Wedding. Der Trend geht zur eher politischen Kundgebung
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Berlin - Eine ausgesprochen disziplinierte Demo, könnte man sagen. Mehrere Tausend Menschen zogen in der Walpurgisnacht durch Berlin-Wedding, die Polizei zählte 2900, der Veranstalter schätzte die Menge auf 5000. Nahezu keine Zwischenfälle, nur hier ein bisschen bengalisches Feuer, dort ein Kracher, das war’s. „Ich bin zufrieden“, sagte Polizeipräsident Klaus Kandt gegen 23 Uhr. „Die wenigen Böller trüben den Gesamteindruck nicht.“
Von einer „lauten und kämpferischen Stimmung“ sprachen die Veranstalter, und auch dies trifft zu. Denn der Trend zu eher politischen Demonstrationen in der Walpurgisnacht setzt sich fort. Angeführt wurde die Demo von ein paar Schwarzgekleideten, die sich zudem Transparente vors Gesicht zogen. Es folgte eine bunte Weddinger Mischung. Thematisiert wurden Flüchtlingspolitik sowie steigende Mieten und die Verdrängung sozial Schwächerer in Wedding.
Die Polizei hatte die Konfliktpunkte an der viele Kilometer langen Route gesichert, also das Arbeitsamt, die SPD-Zentrale in der Müllerstraße und das Karstadt-Haus. In der Müllerstraße musste der Demo-Zug deshalb zweimal die Fahrbahn wechseln, gelenkt durch geschickt geparkte Mannschaftswagen. Immer schön Abstand halten, so die unmissverständliche Ansage der Polizei. Die Demo folgte den Vorgaben, so viel Disziplin war selten. Als auf dem Dach des Szeneobjekts „Scherer 8“ in der Schererstraße bengalische Feuer auf dem Dach abgebrannt wurden, johlte die Menge.
Nur am Weddinger Polizeiabschnitt 36 in der Pankstraße, dem letzten Punkt, stoppte der Zug eine Weile, es wurden ein paar Böller geworfen. Polizeipräsident Klaus Kandt stand oben in der Wache am Fenster und sah entspannt zu. Wenig später, gegen 22 Uhr, beendeten die Veranstalter die „Antikapitalistische Walpurgisnacht“ vorzeitig in der Pankstraße, 200 Meter vor der geplanten Abschlusskundgebung. Martin Steinburg vom Bündnis „Hände weg vom Wedding“ beklagte sich über die „skandalöse“, zu enge seitliche Begleitung durch behelmte Beamte, deshalb habe man abgebrochen. Die Polizei wies diesen Vorwurf zurück, erst nach den Böllerwürfen an der Wache sei die Demo enger in die Zange genommen worden.
Von 19 Demonstranten wurden die Personalien aufgenommen, sie hatten sich bei den Kontrollen im Vorfeld mit Sturmhauben erwischen lassen. Drei Demonstranten wurden festgenommen wegen Widerstands und Körperverletzung. Fazit: kein Sachschaden, keine verletzten Polizisten.
Flaschen flogen in der Nacht nur im Kreuzberger Viktoriapark. Wie im Vorjahr hatte sich dort der harte Kern der Mai-Feiernden getroffen. Als Polizisten zwischen 22 und ein Uhr Feuerstellen löschen wollte, warfen einzelne der rund 1000 Besucher Bierflaschen auf die Einsatzkräfte, zwei Polizisten wurden leicht verletzt. Mehrere Personen wurden festgenommen, stadtweit waren es 15.
In vielen anderen Parks feierten Tausende Menschen friedlich. Am Mauerpark in Prenzlauer Berg waren es 1300, sie tranken ihr Bier aus Plastikbechern und sahen dem Sonnenuntergang zu. Wie in den Vorjahren hatte das Bezirksamt ein Flaschen- und Dosenverbot erlassen, Polizisten kontrollierten an den Eingängen Taschen und Rucksäcke. Jörn Hasselmann
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