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Brandenburg: Frust im Job: Polizist nahm sich das Leben Henning G. zündete

sich selbst an

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Berlin - Die Meldung am Wochenende war kurz: Ein 61-jähriger Mann hat sich am Sonnabend auf einem Lankwitzer Friedhof mit Benzin übergossen und angezündet. Er starb dort an den schweren Verbrennungen. Wie diese Zeitung erfuhr, handelt es sich bei dem Toten um einen Berliner Polizisten. Henning G. sollte in wenigen Monaten pensioniert werden. Kollegen reagierten erschüttert, auch wegen der besonders grausamen Art des Selbstmordes. „Er wollte damit ein Zeichen setzen“, ist sich ein ehemaliger Kollege sicher. „Sonst hätte er sich mit der Dienstwaffe erschossen, wäre von der Brücke gesprungen oder hätte sich erhängt.“

Doch warum setzte ein lang gedienter Polizeibeamter, der kurz vor der Pension stand, seinem Leben auf so spektakuläre und leidvolle Weise ein Ende? Nach Auskunft der Polizei gibt es keinen Abschiedsbrief. Ehemalige Kollegen, die engen Kontakt zu dem Ersten Polizeihauptkommissar hatten, berichten unabhängig voneinander, dass er seit längerer Zeit „erhebliche Probleme mit der Arbeit“ gehabt hätte – insbesondere mit einem Vorgesetzten. Alle sagen übereinstimmend, private oder familiäre Probleme des Mannes seien ihnen nicht bekannt.

Knapp 30 Jahre war Henning G. im Abschnitt 55 im Neuköllner Rollbergviertel tätig – eine Dienststelle im sogenannten „Problemkiez“. Bis zum stellvertretenden Abschnittsleiter hatte er es gebracht. Doch im Zuge der Umstrukturierung vor einigen Jahren wurde er „zurückgestuft“, wie es ein Kollege beschreibt, zum Dienstgruppenleiter. Im vergangenen Jahr hätte sich die Lage zwischen ihm und dem damaligen Abschnittsleiter, „ein jüngerer Mann aus dem höheren Dienst“, zugespitzt, wie mehrere Kollegen berichten. „Das Menschliche fehlte völlig.“ G. habe sich darüber beklagt, mit Zahlen und Tabellen überhäuft zu werden, „statt vernünftige Einsätze zu planen“, schildert ein Kollege. Das Prinzip des damaligen Chefs wie der gesamten Polizeiführung habe gelautet: „Wir müssen gut dastehen“. G. habe dies kritisiert. „Das Geschrei zwischen ihm und dem Chef hat man auf der ganzen Etage gehört“, erinnert sich ein Kollege.

Die Auseinandersetzung habe ihm zusehends zugesetzt. So sehr, dass er „vor nicht allzu langer Zeit weinend bei mir auf dem Sofa saß“, berichtet ein Beamter. Henning G. sei ein „lang gedienter und exzellenter Polizist“ gewesen.

Dass möglicherweise auch private Probleme zu den beruflichen hinzugekommen sind, die den Entschluss zum Selbstmord reifen ließen, schließen Kollegen, die ihn gut kennen, aus. Erst kürzlich habe er sich mit seiner Ehefrau eine Eigentumswohnung gekauft, sein Kind stehe vor dem Ausbildungsende. Über Privates habe er nie geklagt, sagt ein Vertrauter. In wenigen Monaten sollte G. in den Ruhestand verabschiedet werden. Er habe sogar ein halbes Jahr länger gemacht als er eigentlich müsste, „wohl, weil er einen würdigen Abgang machen wollte“, mutmaßt ein Kollege. Doch G. wählte einen anderen Weg. „Die haben mich verbrannt“, soll er einmal gesagt haben. Tanja Buntrock

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