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Linkspartei: Führungswechsel bei Brandenburgs Linken
Parteichef Thomas Nord tritt 2012 nicht wieder an Junge Linke-Kreichefs drängen auf mehr Einfluss
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Potsdam - Brandenburgs Linke stehen vor einer tiefen Zäsur: Parteichef Thomas Nord, bisher ihr eigentlicher starker Mann, Stratege und Strippenzieher, tritt ab. Auf dem Parteitag Anfang 2012 wird der 53-jährige, der sich künftig auf sein Bundestagsmandat konzentrieren will, nicht erneut antreten. Als sein Wunsch-Nachfolger, dem auch in der Partei die größten Chancen eingeräumt werden, gilt nach PNN-Informationen der Parteivize Stefan Ludwig, Ex-Bürgermeister von Königs Wusterhausen und zugleich Vizechef der Landtagsfraktion.
Nord selbst äußert sich zu seinen Präferenzen nicht. Er wies am Montag aber Befürchtungen in der SPD vor Turbulenzen bei den Linken und negative Wirkungen auf die rot-rote Stabilität zurück: „Es ist ein Personal- und kein Politikwechsel. Grundlage bleibt der Koalitionsvertrag“, sagte er. Dies sei allen bewusst. Zur Sorge gebe es „keinen Anlass“. Mit Blick auf rot-rote Krisen fügte er hinzu: „Die Linke hat ihre Verlässlichkeit bewiesen.“
Tatsächlich hatte Nord, der öffentlich selten in Erscheinung tritt und sich nicht in Medien drängt, in heiklen Fragen die Selbstverständigung der Partei organisiert. Und zwar immer so, dass am Ende das gewünschte Ergebnis herauskam, die Koalition nicht ernsthaft ins Trudeln geriet. So beschlossen die Linken nach den Stasi-Enthüllungen Ende 2009, dass eine verheimlichte Tätigkeit für den DDR-Staatssicherheitsdienst künftig auf allen Ebenen den Fraktionsausschluss zur Folge hat – obwohl es innerparteilich Widerstände gab. Nord, der die Linie betrieb, hatte selbst Anfang der 90er Jahre offengelegt, inoffizieller Stasi-Mitarbeiter gewesen zu sein. Und in der Energiepolitik, wo die PDS als Opposition noch das Volksbegehren „gegen neue Tagebaue“ unterstützt hatte, folgt die Basis seitdem zumindest mehrheitlich dem rot-roten Pro-Kohle-Kurs.
Er ist seit 2005 im Amt, und geht damit als dienstältester Linke-Chef. Der Landesverband war vor seiner Amtszeit durch das „Schwergewicht“ des Fraktions- und Bundeschefs Lothar Bisky geprägt, hatte aber regelmäßig seine Landesvorsitzenden über Grabenkämpfe verschlissen, zu den Ex-Landeschefs der Linken gehören heutige Minister Helmuth Markov, Anita Tack und Ralf Christoffers.
In der SPD hatte man lange unterschätzt, wie sie sich ab 2004 die Linke unter Nord - zwischenzeitlich immer wieder wegen seines Führungsstils in der Kritik, mit Wahlschlappen auf Parteitagen – gezielt auf ein Regierungsbündnis vorbereitete. Diese Vorarbeit gilt heute als Hauptgrund, weshalb es anders als bei „Rot-Rot I“ in Berlin vergleichsweise geringe innere Erschütterungen gab als es 2009 soweit war.
Zugleich ist in seiner Amtszeit das Führungskorps der Linken, obwohl deren Basis-Durchschnittsalter bei über 60 Jahren ist, verjüngt worden. Neun von 18 Kreischefs sind jünger als Vierzig, eine Quote, die die SPD nicht erreicht. Und die Jungen wollen mehr Einfluss. In einem den PNN vorliegenden aktuellen Brief an die Partei fordern die vier jungen Kreischefs Peer Jürgens (Oder–Spree), Sascha Krämer (Potsdam), Sebastian Walter (Barnim) und Rene Wilke (Frankfurt) einen transparenten Führungswechsel und eine stärkere Profilierung der Partei. „Wir müssen wieder anfangen, innerparteiliche Demokratie wirklich zu leben“, heißt es darin. „Die Partei muss wieder mehr sein als das Anhängsel der Regierungsfraktion.“ Die Partei müsse sich künftig „stärker in den landespolitischen Diskurs einmischen und Themen setzen, die über den Tellerrand der Tagespolitik hinaus reichen“.
Nun klingt das nicht so, als ob im Zuge des Wechsels keine Konflikte gären. Allerdings nimmt Nord die Stimmung auf, setzt auf sein in den letzten Jahren ausgefeiltes Modell, Raum für Debatten zu geben, bis Konflikte um die Spitzen entschärft sind oder die Luft raus ist. So beschloss der Landesvorstand letzten Samstag einen „Fahrplan“, mit 17 Punkten und Terminen. „Den Führungswechsel wollen wir ... in einem transparenten und demokratischen Verfahren organisieren.“ Die Führung müsse die Wahlen 2013/2014 organisieren, dafür sei ein „neues Team“ nötig. „Gleichzeitig wollen wir alles daran setzen, die Stabilität des Landesverbandes zu wahren.“
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