Brandenburg: Funktionäre der HDJ vor Gericht Chef des Neonazi-Vereins attackierte Journalistin
Zossen/Berlin - Der Bundesführer des rechtsextremistischen Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ), Sebastian R. aus dem brandenburgischen Reichenwalde, ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.
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Zossen/Berlin - Der Bundesführer des rechtsextremistischen Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ), Sebastian R. aus dem brandenburgischen Reichenwalde, ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Es soll die Journalisten Andrea Röpke, wie mehrfach berichtet, vor zwei Jahren in Blankenfelde (Teltow-Fläming) attackiert und verletzt haben. Neben Sebastian R. sitzt am 12. Dezember ein 23-Jähriger auf der Anklagebank des Amtsgerichts Zossen, der einen Fotografen daran gehindert haben soll, der Journalistin zu helfen. Mit einem Urteil rechnet des Gericht noch am selben Tag.
Dem Neonazi-Verein droht inzwischen ein Verbot durch das Bundesinnenministerium. Erst Anfang Oktober waren auf Geheiß des Ministeriums in 14 Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume von rund hundert Personen bei einer bundesweiten Razzia durchsucht worden. Ein Schwerpunkt der Aktion war Brandenburg, in Birkenwerder (Oberhavel) stießen die Ermittler wie berichtet auf Beweise dafür , dass der Verein eine Nachfolgeorganisation der seit 1994 verbotenen „Wiking Jugend“ ist. Bei dem Anwalt Wolfram N., dem letzten Bundesführer der „Wiking Jugend“, ist „eine Art Geheimarchiv“ der Organisation gefunden worden.
Mit der Razzia wollte das Bundesinnenministerium nach eigenen Angaben prüfen, „ob sich die HDJ in aggressiv-kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft“. Inzwischen hat die Große Koalition aus Union und SPD einen eigenen Verbotsantrag im Innenausschuss des Bundestags eingebracht – nachdem die Opposition zuvor mit eigene Anträgen gescheitert war. Bereits Anfang Dezember könnte der Bundestag darüber befinden.
Experten betrachten die HDJ als „lupenreinen Neonazi-Verein“ mit eigener Uniform und antisemitischen Denkmustern, der in Zeltlagern Kinder und Jugendliche einer „Gehirnwäsche“ unterziehe und militärisch mit Wehrsport drille. Zudem knüpfe der Verein ideologisch an nationalsozialistische Elite-Organisationen wie die SS, die Hitler-Jugend (HJ) und sogar die paramilitärische Untergrundorganisation „Wehrwolf“ an, sagen Szenekenner.
In Blankenfelde hatte die HDJ Anfang November 2007 in einem örtlichen Lokal ihren „Märkischen Kulturtag“ abhalten, darunter waren zahlreiche Frauen und Kinder. Die Journalistin Röpke berichtet seit Jahren über den rechtsextremistischen Verein – das wollte sie auch über das konspirative Treffen am Rande Berlins, an dem hochrangige NPD-Funktionäre teilgenommen hatten. Aus Sicherheitsgründen dokumentierte Röpke das Treiben vor dem Veranstaltungsort aus sicherer Entfernung verdeckt neben einem Supermarkt.
Als die Rechtsextremen die Berichterstatter bemerkten, flüchteten Röpke und ihr Kollege in den Markt. Dort schubsten die Neonazis die Journalistin mehrmals zu Boden und schlugen ihr ins Gesicht. Auch der Kameramann wurde geschlagen und gewürgt. Obwohl der Supermarkt gut besucht war, schritt niemand ein. Röpke hatte Kunden um Hilfe und eine Zeugenaussage gebeten – vergeblich. Röpke: „Alle hatten Angst!“ Zudem war die Polizei erst 45 Minuten nach dem Vorfall vor Ort. Obwohl Röpke das Berlin Landeskriminalamt (LKA) über das Neonazi-Treffen informiert hatte, waren keine Beamten vor Ort. Grund war eine Informationspanne zwischen den Sicherheitsbehörden in Berlin und Brandenburg.Alexander Fröhlich
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