Brandenburg: Für Krieg und Frieden
Strausberg hat größte Militärbibliothek Deutschlands / Beschreibungen vom Backofen bis zum Mig-29-Triebwerk
Stand:
Strausberg hat größte Militärbibliothek Deutschlands / Beschreibungen vom Backofen bis zum Mig-29-Triebwerk Von Hendrik Heinze Strausberg. Wenn die amerikanische Marine alte Dienstanweisungen der DDR-Volksarmee braucht, kommt sie zu Roger Heil und Kollegen nach Strausberg. Der Sachgebietsleiter und seine 13 Kollegen sind die Hüter von rund 1,1 Million Medien in Deutschlands größter Militärbibliothek. Auf drei Etagen verwalten sie 700 000 Bücher aus sechs Jahrhunderten, dazu 400 000 Zeitschriften, Schallplatten und andere Medien. „Die Bundeswehrbibliothek ist in Insiderkreisen schon sehr bekannt“ sagt Bibliothekar Heil. Das rege Interesse der amerikanischen Militärstrategen für die vergilbten Dokumente aus dem Kalten Krieg kann sich Presseoffizier Udo Gröbner gut erklären. „Viele Staaten wie Syrien, Irak und Libyen haben wie die DDR auf sowjetische Strategie und Taktik aufgebaut.“ Auch „technische Beschreibungen vom Feldbackofen bis zum Triebwerk der MIG-29“ aus dem Warschauer Pakt haben die Wende überlebt. „Das sind Geräte, die auch heute noch von vielen Drittweltstaaten benutzt werden“, erläutert der Oberstleutnant. Im Keller des freundlichen Neubaus beherbergen etwa 20 Regalkilometer den Großteil des Bestandes. Das geballte militärische Wissen zweier einst verfeindeter Brüder steht hier einträchtig nebeneinander. Die Strausberger Sammlung vereint die Bestände der Militärbibliothek Dresden und der Zentralbibliothek der Bundeswehr Düsseldorf. „Bücher von vor 1945 leihen wir nicht aus“, erklärt der gelernte Historiker Heil und deutet auf die doppelt gesicherte Panzertür, hinter der die älteren Schätze aus dem 16. bis 19. Jahrhundert lagern. Das sei nur in manchen Fällen über die Fernleihe möglich. Historische Perlen wie das „Reglement für die Königl. Preußischen Husaren-Regimenter“ von 1743 könnten unter Umständen im Lesesaal eingesehen werden. Die Strausberger führen nicht nur Speziallektüre über Krieg und Frieden. Für die Ausbildung der Soldaten im angrenzenden sozialwissenschaftlichen Institut und der Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr stehen auch Bücher aus anderen Fachrichtungen bereit. Wie der gesamte Campus ist das 1997 entstandene Bibliotheksgebäude ganz in maritimem Blau gehalten. Das Wachhäuschen am Eingang der weitläufigen Anlage ist verwaist, die Schranke offen. „Die Bibliothek steht für jedermann zur Verfügung“, sagt Gröbner. Von Dienstag bis Donnerstag können Interessierte kostenlos in den lichtdurchfluteten Lesesälen stöbern und Bücher ausleihen. Im Erdgeschoss steht trutzig das Herzstück der Bücherei, der über mehrere Schränke verteilte Zettelkatalog. Teile des Bestandes sind aber bereits per Computerkatalog einsehbar. Für das Suchwort Afghanistan spuckt der Rechner 51 Treffer aus – gute Vorbereitungslektüre für Soldaten, die dort Dienst leisten, meint Gröbner. Das Suchwort „Krieg“ ergibt 619 Einträge. Und auch hier ist die Bücherei auf dem neuesten Stand: „Krieg als Medienereignis“ lautet der erste Treffer.
Hendrik Heinze
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: