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Landes-SPD plant neues Kraftwerk: Gabriel: Braunkohlestrom unverzichtbar

Der SPD-Bundeschef ist gegen einen Kohleausstieg: trotz klimaschädlicher Abgase und unkalkulierbarer Spätfolgen. Seine Wort kommen der Landes–SPD entgegen, denn die peilt ein neues Kraftwerk an.

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Großräschen - Der SPD-Bundesvorsitzende Siegmar Gabriel hält Braunkohle-Kraftwerke für die Energieversorgung Deutschlands noch lange unverzichtbar - trotz ihrer klimaschädlichen Kohlendioxid-Abgase und immer unkalkulierbarer Spätfolgen wie der Verockerung der Spree. „Wer glaubt, gleichzeitig aus der Automenergie und der Kohle aussteigen zu können, macht den Menschen etwas vor“, sagte Gabriel am Donnerstag auf einer Klausurtagung der brandenburgischen SPD-Landtagsfraktion in Großräschen/Lausitz. Den Einwand der extrem hohen Kohlendioxid–Emissionen durch die Lausitzer Kraftwerke, die des Altmeilers Jänschwalde etwa gehören zu den höchsten Europas, ließ Gabriel nicht gelten: Entscheidend seien nicht regionale Werte, „sondern die Gesamtmenge, die Deutschland emmitiert, und die sinkt.“ Mit den Aussagen stützte der frühere Bundesumweltminister den Kurs der brandenburgischen SPD-Regierungspartei unter Ministerpräsident Matthias Platzeck, der konkreten Ausstiegsszenarien aus der Kohle eine Abfuhr erteilt.

Im Gegensatz dazu haben sich Sachsens Sozialdemokraten auf einem Parteitag jüngst für einen Braunkohleausstieg bis zum Jahr 2050 ausgesprochen. Und nach dem Willen von Brandenburgs Linken, seit 2009 in der Regierung, soll es ab 2040 keine Braunkohlekraftwerke in der Lausitz mehr geben. Die Landes-SPD legt sich dagegen auf unbestimmte Zeit auf die Braunkohle fest, nun mit Gabriels Segen.

Nach dessen Worten wird es zur Grundlastversorgung des Industriestandorts Deutschland - für Zeiten, in denen keine Sonne scheine, kein Wind wehe - auch in Zukunft Gas- und Kohlekraftwerke geben. Gabriel verwies darauf, wie riskant Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Energiewende betrieben habe, nämlich als „Operation am offenen Herzen, bei der der Patient nur wegen seiner Konstitution noch lebt, nicht wegen der Chefärztin. Wäre 2011 nicht zufällig ein Kohlekraftwerk in Betrieb gegangen, sagte Gabriel, „hätten wir in Deutschland schon flächendeckende Stromausfälle gehabt.“

Auf der Klausur verabschiedete die SPD-Fraktion zwei Papiere, eins zur „Industriepolitik“ und einen gemeinsamen Landtagsantrag mit den Linken zu „Perspektiven Lausitz“:Beide enthalten Bekenntnisse zur Braunkohleverstromung, zwar allgemein formuliert. Doch auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Holzschuher wertete der frühere Potsdamer SPD-Landtagsabgeordnete Ulrich Freese, Vize-Bundeschef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), unwidersprochen die SPD-Beschlüsse bereits als „wichtiges Signal“ für den nötigen Neubau eines „CO2-armen oder CO2-freien“ Braunkohlekraftwerkes am Standort Jänschwalde, wo das jetzige Kraftwerk noch 12 bis 18 Jahre in Betrieb sein könne. Freese, ein Braunkohle-Lobbyist, tritt in der Lausitz bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 für die SPD als Direktkandidat an. Nach seinen Worten muss neben dem „derzeitigen Eigentümer“ der Braunkohleindustrie in der Lausitz, also der schwedische Staatskonzern Vattenfall, die Politik wegen nötiger Planungs- und Genehmigungsvorläufe im Jahr 2020 über das neue Kraftwerk entscheiden. Holzschuher sagte dazu, ein neues Braunkohlewerk sei für die SPD „eine Option.“ Seine Partei stehe zu Deutschland, zu Brandenburg als Industriestandort. „Industrie macht auch Lärm und Dreck, das ist unvermeidbar.“

SPD-Bundeschef Gabriel hatte erst jüngst mit Brandenburg–Aussagen Irritationen im rot-roten Regierungsbündnis ausgelöst. Er bezeichnete die Brandenburger Linken als „rechte Sozialdemokraten“, mit denen die Stimmen Brandenburgs bei der neuen rot-rot-grünen Mehrheit im Bundesrat sicher seien. In Großräschen wiederholte Gabriel das nicht. Der Bundesrat sei schließlich keine Ideologiekammer, Brandenburg werde dort zum Wohle des Landes abstimmen.

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