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Rechtsextrem? Zuletzt fielen vor allem der Brandenburger Partei-Chef Alexander Gauland (l.) und sein Thüringer Amtskollege Björn Höcke (r.) mit scharfer Rhetorik auf.

© Rainer Jensen/dpa

AfD in Brandenburg: Gaulands Ordnungsruf und die "Idioten"

Titulierte Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland im Landtag Flüchtlingshelfer als "nützliche Idioten"? Zumindest die Provokation war wohl beabsichtigt. Gegen einen Ordnungsruf der Landtagspräsidentin legte er nun Einspruch ein. Ein Faktencheck.

Stand:

Potsdam - Ein Ordnungsruf gegen Abgeordnete ist im Landtag Brandenburg nicht gerade ständig geübte Praxis. Nur selten ruft der Landtagspräsident einen Redner zur Ordnung, wenn seine Rede geeignet erscheint, die parlamentarische Ordnung zu verletzen. Direkte Konsequenzen hat das dann zunächst auch noch nicht, erst nach drei Ordnungsrufen in einer Rede folgt ein Ausschluss. So steht es in der Geschäftsordnung des Landtags.

Gualand nannte Flüchtlingshelfer "nützliche Idioten"

Auch AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hat am Mittwoch einen Ordnungsruf von Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) erhalten. Konsequenzen? Keine. Doch Gauland, der Konservative, hat es mit der Ordnung. Er will gegen den Ordnungsruf vorgehen. Wie die Landtagsverwaltung bestätigte, hat Gauland fristgerecht Einspruch eingelegt. Konkret geht es um jene Passage in seiner Rede im Parlamentsplenum am Mittwoch, in der er Flüchtlingshelfer als „nützliche Idioten“ bezeichnet hatte. Gauland begründet seinen Einspruch damit, dass die Ausführungen in keiner Weise ehrangreifend gewesen seien. Wobei der Begriff "ehrangreifend" in der Geschäftsordnung des Landtags keine Rolle spielt.

AfD-Chef will sich bei der FAZ bedient haben

Gauland hatte im Plenarsaal gesagt: „Die Kommunen sind mit ihren Mitteln am Ende und die zugegebenermaßen bewundernswerten freiwilligen Helfer werden immer mehr, Entschuldigung, zu nützlichen Idioten einer verantwortungslosen Utopie herabgewürdigt.“ Von den anderen Fraktionen war die Äußerung als bewusste Provokation gewertet worden. Am Donnerstag erklärte Gauland nun, er habe sich bei seinem Statement bei der „FAZ“ bedient und bewundere die Helfer für ihr unermüdliches Engagement. Er habe lediglich zum Ausdruck bringen wollen, „dass insbesondere die freiwilligen Helfer nun ausbaden müssen, was die verantwortungslose Politik der Altparteien in Bund und Land anrichtet“.

Gauck, Kant, Feuilleton

Ein genauer Blick in jenen, von Gauland nicht näher benannten Beitrag der „FAZ“ vom 29. September, verfasst von Feuilleton-Redakteur Christian Geyer- Hindemith, ist aber keineswegs so eindeutig, wie von Gauland behauptet. In dem Beitrag geht es – kurz gesagt – um die Frage, ob sich aus der Vernunftsphilosophie von Immanuel Kant ein Bleiberecht für Flüchtlinge ableitete. Und es ging um eine Rede von Bundespräsident Joachim Gauck, der gefordert hatte, die Europäische Union müsse angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen ihre äußeren Grenzen schützen – zum Schutz der inneren Ordnung, auch um Flüchtlinge in großer Zahl aufnehmen zu können. Dieser von Gauck gesetzte Akzent korrigiere eine typische deutsche Eigenschaft, von einem Extrem ins andere zu fallen, hier insbesondere von Stimmen – Zitat – „die im Sog der Bahnhofsbegrüßungen ein Bleiberecht für alle herbeiredeten und damit auch die bewundernswerten freiwilligen Helfer zu nützlichen Idioten einer verantwortungslosen Utopie herabwürdigten“.

"Ein Brandstifter, der schnell die Zündhölzer wegwirft"

Von einer „verantwortungslosen Politik der Altparteien in Bund und Land“, die die Helfer zu nützlichen Idioten mache, wie es Gauland nun sagt, war in dem „FAZ“-Beitrag aber gar keine Rede. Aber auf die Feinheiten kam es Gauland dabei wohl kaum an: Er forderte auch die sofortige Aussetzung des Asylrechts, des Familiennachzugs und die sofortige Grenzschließung - und schoss scharf gegen die "Altparteien". Die SPD-Landtagsfraktion erklärte zu Gaulands Einspruch gegen den Ordnungsruf, der AfD-Chef habe die „FAZ“-Passage schamlos verfälscht und verbogen. Er sei ein Brandstifter, der schnell die Zündhölzer wegwirft, um nicht erwischt zu werden. 

Nun wird das Landtagspräsidium über Gaulands Einspruch entscheiden, das nächste Mal kommt es am 9. Dezember zusammen, diesmal vielleicht zur Textexegese.  

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