Brandenburg: Gefahr noch nicht gebannt
Eispanzer bei Hohenwutzen verhindert weiter das rasche Abfließen des Wassers. Polen verschaffen dem Oderbruch eine Atempause
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Küstrin/Hohenwutzen – Die Eisdecke auf der Oder im Nordosten Brandenburgs erweist sich doch als hartnäckiger als erwartet. Auch am gestrigen Montag konnte ihr die deutsch-polnische Eisbrecherflotte nicht viel anhaben. Im Raum Stettin schoben sich die bis zu zwei Meter dicken Einbrocken immer wieder zusammen und verhinderten das Abfließen des Wassers in die Ostsee. „Von der Grenzbrücke in Hohenwutzen reicht die geschlossene Eisdecke noch 15 Kilometer stromabwärts“, hieß es vom Hochwassermeldezentrum. Dabei war der komplette Eisaufbruch durch die insgesamt 13 Schiffe schon für das vergangene Wochenende geplant gewesen. So aber ist das vom Chef des Landesumweltamtes, Professor Matthias Freude, angekündigte „Wettrennen zwischen dem Eis von der Warthe und den Eisbrechern“ noch immer nicht entschieden. Die ebenfalls eisbedeckte Warthe mündet bei Küstrin in die Oder. Reißen von ihr größere Eisfelder ab, könnte es bei deren Auftreffen auf die Eisschicht bei Hohenwutzen zu katastrophalen Überschwemmungen im Oderbruch kommen.
Die Sorge vor diesem Schreckensszenario ließ den Landrat des betroffenen Kreises Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt, gestern zu einem Besuch bei den polnischen Behörden in Küstrin aufbrechen. Danach verkündete er eine für die 15 000 Bewohner des Oderbruchs vorerst beruhigende Nachricht: „Ein Eisaufbruch der Warthe mit Eisbrechern von der polnischen Seite findet nicht statt, bevor das gesamte Odereis abgeflossen ist.“ In dieser Absprache zeige sich der gute Stand der Zusammenarbeit mit dem Landkreis Gorzów.
Dabei hätten die Polen auch ganz anderes reagieren können, wie der Blick in die Landschaft hinter der letzten Verkaufsbude für Zigaretten des Küstriner Billigmarktes zeigt. Die Warthe hat hier rund 6000 Hektar Land zuerst überflutet und dann in den Frostnächten mit einem bis zu zwei Meter dicken Panzer aus Eis überzogen. Grundstücke, Straßen und die meisten Wege sind nicht mehr passierbar. Keller und die ersten Etagen vieler Häuser sind vollgelaufen. In dieser Situation hätte auch der sofortige Befehl zum Aufbruch der auf 70 Kilometer Länge zugefrorenen Warthe erfolgen können. Schließlich könnte sich bei raschem Tauwetter das Eis in einen riesigen See verwandeln, der nur durch einen raschen Abfluss des Wassers in die Warthe wieder austrocknet.
So aber haben die Bewohner und vor allem die Eisbrecher auf der Oder noch eine weitere Atempause erhalten. Diese erfolgt aus polnischer Sicht aber nicht ganz uneigennützig. Denn bei einem Überlaufen der Oder wären natürlich auch mehrere Ortschaften auf dem östlichen Ufer von den Wassermassen betroffen. Es bleibt also spannend, wie schnell die Eisbrecher den Fluss bei Hohenwutzen wieder zum Fließen bringen können.
Vorsichtshalber liegen nach Angaben des Landkreises Märkisch-Oderland an zwei Plätzen mehr als 60 000 Sandsäcke bereit. 54 Deichläufer bleiben weiterhin im Einsatz und Feuerwehren und weitere Helfer befinden sich in Rufbereitschaft. „Wir befinden uns mit einem Pegel von etwa sieben Metern noch immer einen halben Meter über dem Wasserstand für die höchste Alarmstufe“, beschrieb Landrat Schmidt die Situation.
An den Flüssen in Südbrandenburg kletterten die Pegelstände dagegen weiter. An der Schwarzen Elster lagen sie am Montag in Herzberg nur noch wenige Zentimeter unter dem Stand für das Ausrufen des Katastrophenalarms. Zum Glück haben die etwas niedrigeren Temperaturen aber das Abtauen der Schneedecke etwas gestoppt. An der Spree erweist sich die Talsperre Spremberg wie schon im letzten Herbst als sicheres Speicherbecken. Derzeit fließen 70 Kubikmeter Wasser pro Sekunde hinein und 45 Kubikmeter heraus. Normal ist aber eine Abgabe von etwa zehn Kubikmeter pro Sekunde in Richtung Spreewald. Claus-Dieter Steyer
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