Brandenburg: Gefährlicher Sextäter ist frei
Justizirrtum: Bundesrichter müssen Haftverlängerung aufheben / Polizei stellte Vergewaltiger Werner K. unter Beobachtung
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neuruppin/ Leipzig - Er hat sechs Frauen vergewaltigt und mindestens drei Kinder sexuell missbraucht. Doch weil die Justiz Fehler machte, musste die Strafvollzugsanstalt in Brandenburg an der Havel den als gefährlich geltenden Sexualstraftäter Werner K. jetzt trotzdem freilassen.: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig hatte am Dienstag den Antrag des Landgerichts Neuruppin auf Sicherheitsverwahrung für Werner K. abgewiesen. Die Leipziger Richter ordneten an, dass der verurteilte Serientäter „sofort auf freien Fuß zu setzen sei“. Und das, obwohl auch die Bundesrichter ausdrücklich der Auffassung sind, das K. „die Allgemeinheit gefährde“.
Der 49-jährige Vergewaltiger Werner K. war seit seinem 17. Lebensjahr immer wieder wegen Sexualverbrechen zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Insgesamt saß er 22 Jahre im Gefängnis. Zuletzt wurde er 1999 in Neuruppin zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt, wieder wegen Vergewaltigung. Ursprünglich war die Strafe K.s schon im Juni 2007 abgelaufen.
Doch als die reguläre Strafe ablief, ordnete das Landgericht Neuruppin die sogenannte nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet – Werner K. blieb trotz verbüßter Strafe im Gefängnis. Der Grund: K. habe sich während seiner Haft als noch gefährlicher herausgestellt, als bei seiner Verurteilung 1999 angenommen wurde, sagte die Neuruppiner Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper gestern den PNN. Ermittlungen in einem anderen Fall hatten neue Tatsachen ergeben – nämlich, dass K. 1995 auch noch zwei 13-jährige Mädchen auf einem Hochsitz bei Eberswalde sexuell missbraucht hatte.
Zuständig für den Fall war das Landgericht Frankfurt (Oder), das die Ermittlungen im Jahr 2000 zunächst einstellte. Die Begründung damals: Eine Verurteilung K.s auch wegen dieser Taten würde nicht mehr ins Gewicht fallen, da er ohnehin schon in Haft säße, so Gerichtssprecher Marco Krieglstein gestern. Doch im Jahr 2006 erhob die Staatsanwaltschaft Frankfurt dann doch Anklage gegen den noch inhaftierten K. Doch das Landgericht eröffnete auch elf Jahre nach dem Verbrechen an den beiden Mädchen das Verfahren nicht. Die Verfahrensdauer wäre überlang und sei dem Angeklagten nicht zuzumuten, eine Verfahrenseröffnung rechtstaatlich nicht zu halten gewesen.
Die Frankfurter Entscheidung sei ein schwerer Fehler gewesen, befand nun der BGH. Das Landgericht hätte damals die Chance gehabt, einen regulären Antrag auf nachträgliche Sicherheitsverwahrung für K. zu stellen. Die Chance sei aber vertan – nun nachträglich einen Verwahrantrag zu stellen, sei rechtlich unmöglich.
K. soll sich nun im Kreis Barnim aufhalten. Die Polizei sei alarmiert, sagte Polizeisprecher Rudi Sonntag den PNN. K.s Haftentlassungsadresse habe sich eigentlich im Potsdamer Raum gelegen. Dort hatte ihn die Polizei am Mittwoch aber nicht angetroffen. Mittlerweile sei sein neuer Wohnort bekannt. Polizisten hätten bereits mit ihm gesprochen und ihn in die Haftentlassenen-Kartei „HEADS“, in der die Daten von als gemeingefährlich eingestuften Ex-Häftlingen gespeichert werden, aufgenommen.
Als Sexualstraftäter mit Rückfallgefahr stände K. unter Beobachtung. Alle Polizisten des Landkreises kennen sein Foto. „Wenn Polizisten ihn sehen, egal ob Verkehrspolizisten, die Streife oder der Revierpolizist, werden sie ihn befragen“, so Sonntag. K.s gesamte Lebenssituation werde in der HEADS-Kartei dokumentiert. Werde er verhaltensauffällig, werde die Polizei aktiv. An welche Auflagen sich K. zu halten habe, sei noch nicht bekannt, sagte Sonntag. Dafür kam die Entlassung zu plötzlich.
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