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Brandenburg: Gefangen im Fahrstuhl

Am Bahnhof Oranienburg bleibt eine Familie stecken. Die Feuerwehr muss sie in der Kälte retten

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Oranienburg - Sie drückten am Bahnhof Oranienburg auf den Aufzugknopf, um vom Gleis mit ihrem zweijährigen Jungen im Kinderwagen zur Straße hinabzufahren. Doch plötzlich gab es einen Ruck – und der Lift blieb stehen. Kurzes Surren, dann Stille. Hängengeblieben im Aufzug bei minus sieben Grad Außentemperatur.

„Na ja“, dachten Corinna Gödel und Klaus Winkler, „drücken wir nun mal den Notrufknopf, dann wird uns rasch jemand helfen.“ Doch es kam anders an diesem Sonntag um 16 Uhr. Eineinhalb Stunden war das Paar am Sonntagmittag mit seinem kleinen Emilio in der eiskalten Kabine eingesperrt, bis die Oranienburger Berufsfeuerwehr kam und sie befreite. Bemerkbar machen konnten sie sich nicht. Sie steckten bis auf den schmalen Sehschlitz im Schacht.

Der Vize-Wehrführer Manfred Gellert bestätigte am Montag den Einsatz und war, als ihn diese Zeitung erreichte, erneut „auf 180“. Denn er kam am Montag, 11 Uhr, gerade von einer weiteren Tour zu genau demselben Aufzug. Wieder waren darin zwei Fahrgäste auf halber Strecke zwischen Bahnsteig und Straße hängen geblieben. „Auch diese beiden mussten sich länger gedulden“, erzählt er. „Und sie froren, es ist ja kalt wie Hund.“

Wieso in beiden Fällen kein Notservice-Team der Bahn oder der zuständigen Aufzugsfirma so schnell wie möglich kam, ist bislang unklar. Ebenso, weshalb der Lift nach dem ersten Vorfall überhaupt noch unrepariert in Betrieb war. Die Feuerwehr wurde offenbar am Sonntag und auch am Montag von einer zentralen Bahnstelle informiert, die beide Notrufe aus dem Lift entgegennahm. Als Corinna Gödel und Klaus Winkler den Notknopf am Sonntag drückten, meldete sich eine Stimme und teilte mit, es könne „ein bisschen dauern, vielleicht dreißig Minuten“, bis sie befreit würden. Daraus wurden 90 Minuten. Eine Stellungnahme der Bahn gab es am Montag nicht – es gab ja noch mehr Ärger.

Das Paar war mit dem Regionalexpress aus Stralsund angekommen. Sie wollten vor der Rückkehr in ihre Wohnung in Wedding noch rasch etwas in Oranienburg erledigen. „Gott sei Dank war unser Kleiner gerade eingeschlafen, als wir ihn in den Lift schoben“, erzählt die Mutter. Und er hielt auch weiter seinen Mittagsschlaf. Die Eltern dachten gleich zu Anfang. „So ein Mist, das wird verdammt kalt.“ War es auch, so dass sie mit den Füßen trampelten und die Hände gegeneinander schlugen. „Allerdings hat wohl unsere Körperwärme den Lift ein bisschen aufgeheizt“, sagt Corinna Gödel. Als sie wieder draußen standen, empfanden sie die Temperaturen als noch schneidender.

Die Feuerwehrmänner brauchten nur fünf Minuten, um den Aufzug abzusenken und die Schiebetür zu öffnen. Sie hatten einen Schlüssel für den Raum, wo sich ein Notschalter befindet. Den Schalter legten sie um – und der Aufzug schwebte hinab. Mit einem weiteren Spezialschlüssel öffneten sie die Tür. Als die Wehr dann am Montag der zweite Liftalarm erreichte, brachte sie gleich einen Krankenwagen mit. „Hätte ja sein können, dass die Eingeschlossenen an Unterkühlung litten“, sagt Wehrführer Manfred Gellert. Das war nicht der Fall. Aber sie schimpften umso heftiger. Christoph Stollowsky

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