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Gegen Ernährungs- und Periodenarmut: Opposition will mit zwei Anträgen arme Schüler unterstützen
Die Linke im Brandenburger Landtag fordert einen Preisdeckel für Schulessen, die Freien Wähler plädieren für kostenlose Hygieneartikel an Schulen.
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Die beiden Vorschläge sind inhaltlich sehr unterschiedlich, haben aber ein gemeinsames Ziel: Brandenburger Schüler aus finanzschwachen Familien zu entlasten. Am Freitag befasst sich der Brandenburger Landtag hintereinander mit zwei Anträgen der Opposition vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten. Während die Linksfraktion für Kinder und Jugendliche eine warme Mahlzeit in der Schule sichern will, schlägt die Fraktion BVB/Freie Wähler vor, an Brandenburger Schulen Menstruationshygieneartikel gratis zur Verfügung zu stellen.
„Wenn wir nicht wollen, dass Kinder und Jugendliche mit leerem Magen im Unterricht sitzen, weil die Eltern ein warmes Mittagessen nicht mehr bezahlen können, müssen wir etwas tun“, hatte die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kathrin Dannenberg, bereits zu Schuljahresbeginn erklärt. „Kein junger Mensch darf mit leerem Magen lernen und spielen“, heißt es nun im aktuellen Antrag ihrer Fraktion, den Dannenberg am Dienstag vorstellte. „Brandenburg sollte sich perspektivisch dazu bekennen, die Mittagsversorgung für Kinder und Jugendliche kostenlos zu ermöglichen“, so die Forderung.

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Erreicht werden soll das Essen für alle in einem Stufenplan mit einem Preisdeckel als Zwischenschritt: Zunächst sollen die Beiträge der Eltern für die Mittagsmahlzeit ihrer Kinder in Kita, Hort und Schule auf zwei Euro pro Tag gedeckelt werden. Die den Kita- oder Schulträgern entstehenden Fehleinnahmen sollen durch einen pauschalen Ausgleich im Rahmen des vorgesehenen kommunalen Rettungsschirms erstattet werden. Mindestens 84 Millionen Euro pro Jahr, rechnet Dannenberg, müssten kompensiert werden.
Preise für Schulessen stark gestiegen
Bis zum 1. Quartal 2024 soll das Land mit den kommunalen Spitzenverbänden, dem Landes-Kinder- und Jugendausschuss und anderen zuständigen Gremien einen konkreten Plan zur gemeinsamen Finanzierung und Bereitstellung eines „gesunden, ausgewogenen und abwechslungsreichen Mittagessens“ entwickeln, das zunächst klar gedeckelt und perspektivisch kostenfrei für die Schüler sein soll.
Das sei notwendig, weil die Preise für das Schulessen durch Inflation, höhere Energie- und Lebensmittelkosten stark gestiegen seien. Eltern dürften nicht in die Situation geraten, aufgrund der Kostensteigerung ihre Kinder von der Mittagsversorgung abzumelden. „Ernährungsarmut muss verhindert werden!“, so die Linksfraktion. Vor allem Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende seien betroffen, sagte Dannenberg.
Linke rechnet mit weiteren Erhöhungen der Kosten
Ihren Angaben zufolge liegt der Durchschnittspreis für ein Essen an Brandenburgs Grundschulen inzwischen bei rund vier Euro, bei den weiterführenden Schulen bei 4,90 Euro. Da zum Jahresende die ermäßigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent wegfällt und dann 19 Prozent gezahlt werden müssen, dürften die Preise noch einmal steigen, kalkuliert die Linke.
Die Kommunen versuchen teils gegenzusteuern. Sollte für Familien kein Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket auf die Kostenübernahme des Schulessens bestehen, sich aber dennoch eine finanzielle Notlage ergeben, könne die Landeshauptstadt Potsdam über die sogenannte Härtefallregelung „mit einer anteiligen oder vollständigen Kostenübernahme“ unterstützen, hatte Potsdams Stadtsprecherin Christine Homann Ende August erklärt, als auch in Potsdam viele Eltern Briefe mit Preiserhöhungsankündigungen der Schulcaterer bekamen.
Pilotprojekt, um soziale Ausgrenzung zu verhindern
Soziale Ausgrenzung durch Armut will auch die kleinste Fraktion im Landtag BVB/Freie Wähler verhindern und nimmt ein anderes Thema ins Visier: „Periodenarmut“. Diese entstehe, wenn Menschen ohne eigenes oder mit geringem Einkommen keinen Zugang zu Menstruationshygieneartikeln haben. Diese könne beim Gebrauch unhygienischer Ersatzmittel auch negative gesundheitliche Folgen haben. „Für betroffene Schülerinnen, die aus falscher Scham keinen Zugang zu derartigen Hygieneprodukten haben, kann dies sogar dazu führen, dass sie deshalb nicht in die Schule gehen“, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag.

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Die Landesregierung solle deshalb ab dem Schuljahr 2023/2024 in Zusammenarbeit mit dem Landesschüler- und dem Elternrat, den Sozialverbänden und Schulträgern ein Pilotprojekt ins Leben rufen: An je einer weiterführenden staatlichen Schule pro Landkreis und kreisfreier Stadt sollen Periodenprodukte für die Schülerinnen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Nach einer Auswertung des Projekts im zweiten Quartal 2024 solle dann überlegt werden, mit welchen finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt Hygieneartikel in Brandenburg flächendeckend an Schulen ausgegeben werden können.
Teils sind die Kommunen schon selbst am Zug. Im Landkreis Dahme-Spreewald werden nach Kreistagsbeschluss in allen kreislichen Gymnasien und weiterführenden Schulen Menstruationsartikel gratis zur Verfügung gestellt. In Potsdam war nach einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung im März ein Pilotprojekt für freie Tampons und Binden auf öffentlichen Toiletten gestartet worden. Bislang beteiligt sind neben mehreren Schulen auch das Bildungsforum, das Potsdam Museum und das Naturkundemuseum. Die Universität Potsdam hatte bereits im Herbst 2021 ein solches Projekt gestartet.
Dass einer der zwei oder gar beide den Landeshaushalt belastenden Anträge im Landtag eine Mehrheit finden, ist - wie immer bei Vorstößen der Opposition - unwahrscheinlich. Eine rege Debatte über konkrete Maßnahmen, wie Brandenburger Familien in der Krise entlastet werden können, ist am Freitag dennoch zu erwarten.
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