Brandenburg: Geheime Kommandosache
Fünfköpfige Kurdenfamilie aus Brandenburg per Charterflugzeug in die Türkei abgeschoben
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Fünfköpfige Kurdenfamilie aus Brandenburg per Charterflugzeug in die Türkei abgeschoben Von Peter Jähnel Herzberg. Die jahrelange Odyssee einer fünfköpfigen kurdischen Familie aus dem Asylbewerberheim Hohenleipisch (Elbe- Elster-Kreis) durch deutsche Gerichtsinstanzen ist zu Ende: Sie wurde am Mittwoch in die Türkei abgeschoben. Die Polizei habe die Eltern und ihre drei kleinen Kinder am Dienstag aus dem Heim geholt, sagte der Ordnungsdezernent Erhard Haase von der Kreisverwaltung in Herzberg. Er bestätigte damit einen Bericht der „Lausitzer Rundschau“. Ein Charterflugzeug brachte die Kurden vom Flugplatz Bremen in ihre Heimat. Die Aktion lief wie eine geheime Kommandosache ab. Weil der 34- jährige Mann gedroht hatte, im Falle einer Abschiebung sich und seiner Familie etwas antun zu wollen, nahm ihn die Polizei unmittelbar davor in Gewahrsam. Während des Fluges in die Türkei wurde die Familie mit ihren Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren von Beamten des Bundesgrenzschutzes sowie von Ärzten begleitet. „Wir haben bei dem Abschiebeverfahren nach Recht und Gesetz gehandelt“, betonte Haase. Für eine mögliche medizinische Behandlung der Familie sei auch in der Heimat gesorgt. Pfarrer Stefan Branig aus Tröbitz (Elbe-Elster) bedauerte den Ausgang des seit 1997 laufenden Asylverfahrens: „Wir haben versucht, alles zu tun, um der Familie zu helfen.“ Dann fügte er hinzu: „Der Mann war in der Region der osttürkischen Stadt Stadt Mardin unweit der Grenze zum Irak Dorfschützer gewesen, um die Bevölkerung vor Anschlägen der kurdischen PKK-Organisation zu bewahren.“ Er müsse nun damit rechnen, nach seiner unfreiwilligen Rückkehr verhaftet und verhört zu werden. „Die türkischen Behörden werden sich fragen, warum Deutschland diesen Mann unbedingt loswerden wollte.“ Die Kurdenfamilie sollte bereits im Februar 2003 abgeschoben werden, flüchtete jedoch ins Kirchenasyl nach Tröbitz (Elbe-Elster). Von dort holte sie eine Gerichtsvollzieherin Mitte April unter Polizeischutz heraus. Bei dem Vorfall wurden die Kinder zeitweise von ihren Eltern getrennt. Sie kamen jedoch nach öffentlichen Protesten am selben Tag wieder zu ihnen zurück. Das Paar war im November 1996 nach Deutschland gekommen und hatte im Oktober 1997 den ersten Asylantrag gestellt. Als die drei Kinder geboren wurden, beantragten sie auch für diese Asyl. Alle Anträge wurden jedoch abgelehnt, Klagen dagegen blieben erfolglos. Im September 2002 fiel dazu die letzte Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder). Seitdem lief das Abschiebeverfahren. Nach Beratungen mit der Kirche gab der Landkreis Mitte 2003 ein psychiatrisches Gutachten bei einer Berliner Ärztin in Auftrag. Diese habe bei der 24 Jahre alten Frau der Kurdenfamilie keine Depression festgestellt, allerdings eine große psychische Belastung wegen der bevorstehenden Ausreise, erläuterte Haase. Die Anwältin der Familie versuchte dann noch am Dienstag beim Verwaltungsgericht Cottbus, per Eilantrag die Abschiebung zu verhindern. Das Gericht lehnte das ab. Damit musste die kurdische Familie ihre letzte Hoffnung begraben, in Deutschland ein zweites Zuhause zu finden.
Peter Jähnel
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