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Brandenburg: Geht auch der zweite Anlauf schief?
Gutachten: Greenpeace hält überarbeiteten Braunkohleplan Welzow-Süd II für rechtswidrig.
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Potsdam/Cottbus - Auch den überarbeiteten Braunkohleplan für den geplanten Tagebau Welzow-Süd hält die Umweltschutzorganisation Greenpeace für rechtswidrig. Sollte die Förderstätte wie in den Antragsunterlagen des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall erschlossen werden, ist mit einer weiteren Verockerung und Versauerung von Gewässern in der Lausitz zu rechnen. Das zumindest geht aus einem wasserwirtschaftlichen Gutachten im Auftrag von Greenpeace hervor, das am Dienstag in Potsdam vorgestellt wurde. Demnach werden in den Unterlagen für einen zweiten Anlauf zur Genehmigung des umstrittenen Tagebaus bei Welzow (Spree-Neiße) weder die möglichen Auswirkungen der Kohleförderung auf den Wasserhaushalt ausreichend beschrieben noch technische Gegenmaßnahmen festgesetzt. Am Dienstag kommender Woche beginnt in Cottbus die Erörterung des Planentwurfs. Angesichts der Mängel fordert Greenpeace die brandenburgische Landesregierung auf, das laufende Verfahren einzustellen.
Dem Gutachten zufolge ist es auf Basis der dem Antrag beigefügten Unterlagen gar nicht möglich, die Folgen der geplanten Tagebauerweiterung Welzow-Süd Teilfeld II für die Flüsse, Seen und das Grundwasser der Region abzuschätzen. Hierfür sei ein Vergleich mit Berechnungen für das bereits in den 1960er-Jahren erschlossene Teilfeld I notwendig. Eine entsprechende Simulation aber fehle, kritisiert der Autor des Gutachtens, Harald Friedrich, Wasserexperte und von 1996 bis 2006 Abteilungsleiter für Abfallwirtschaft, Bodenschutz und Wasserwirtschaft im Umweltministerium Nordrhein-Westfalens. Es wird einfach behauptet, dass die Weiterführung des Bergbaue besser für die Region sei, als würde man die Förderung vor Ort einstellen.“ Darüberhinaus seien gravierende Folgen für die Wasserqualität durch den Aushub großer Erdmassen ohne entsprechende Gegenmaßnahmen aber absehbar. „Der Braunkohleabbau ist ein erheblicher Eingriff in den Wasserhaushalt, der noch Hunderte von Jahren über das Ende der jeweiligen Förderung hinauswirkt“, warnte Friedrich am Dienstag. Durch das Abbaggern quer durch alle natürlich entstandenen horizontalen Schichten würden unweigerlich Substanzen wie Eisenpyrit freigesetzt, die mit dem in der Luft vorhandenen Sauerstoff reagieren und später in Verbindung mit dem wieder steigenden Grundwasser zur Versauerung und Verockerung der Seen und Flüsse führen. „Nach dem Abbaggern wird das Material auch noch gut durchgequirlt aufgehäuft“, so Friedrich.
Wie berichtet kämpfen an der Spree seit Monaten Experten gegen eine weitere Verockerung des Flusses. Sie ist Folge steigenden Grundwassers und der damit verbundenen chemischen Reaktionen in vor rund 20 Jahren stillgelegten DDR-Tagebauen. Zudem ist die Wasserqualität vieler bisher gefluteter ehemaligen Fördergruben schlecht. Das Wasser ist oftmals so sauer, dass dort höher entwickeltes Leben kaum möglich ist. Laut Friedrich ließen sich solche Folgen allerdings schon im Vorfeld vermeiden. „Es ist technisch möglich durch die Beimischung von Kalk, der das entsprechende Material im Aushub neutralisiert. Der Antragsteller könnte die Verockerung und die Versauerung unterbinden“, erklärte der Umweltexperte. „Wenn darüber nicht nachgedacht wurde, hat das wirtschaftliche Gründe. Das kostet Geld.“ Friedrich zufolge müssten dafür täglich morgens und abends Proben entnommen werden , um den Anteil des Eisenpyrits zu bestimmen. Danach müsste zu gleichem Anteil Kalk beigemischt werden.
Dass Vattenfall in den Braunkohleplan keinerlei Auflagen zur Gewährleistung der Gewässerqualität gemacht werden, sei schlichtweg falsch, erklärte das Unternehmen am Dienstag auf Anfrage. Unter anderem sei Vattenfall verpflichtet, eine Dichtwand einzuziehen, sogenannte hydrochemische Barrieren anzulegen und nach Abschluss der Förderung die Qualität des Wassers regelmäßig zu überprüfen. „Alle genannten Maßnahmen sind bereits erfolgreich an anderer Stelle angewendet worden“, heißt es in der Erklärung Vattenfalls. „Manches ist gut, manches ist schlecht, manches sollte man sich zu Herzen nehmen. Das ist eine Fachmeinung mehr zum Thema“, kommentierte der Präsident des Landesbergamtes, Klaus Freytag, das neue Greenpeace-Gutachten.
Ihre Forderung, das Verfahren umgehend zu beenden, hat die Umweltschutzorganisation mit einer rechtlichen Bewertung untermauert. Demnach verstoße der Braunkohleplan eindeutig gegen die europäische Wasserrahmenrichtlinie. „Das ist schlichtweg rechtswidrig“, sagte die Hamburger Umweltjuristin Roda Verheyen. Ziel der Richtline sei ein guter Zustand aller europäischer Oberflächengewässer und Grundwasserkörper. Da der Zustand der Gewässer in der sächsischen und brandenburgischen Bergbauregion aber schon schlecht sei, müsste laut Gesetz eigentlich alles getan werden, um die Qualität zu verbessern. Eine Verschlechterung sei in diesem Fall aber keinesfalls zulässig, so die Anwältin. Dazu heiße es im Umweltbericht des Braunkohleplans sinngemäß: Eine erhebliche Veränderung des bereits schlechten Zustands sei nicht zu erwarten. „Die Landesregierung muss den Plan erneut überarbeiten, wenn sie sich nicht angreifbar machen will. Ansonsten sind Klagen vor dem Verwaltunsggericht absehbar“, sagte die Anwältin.
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