Von Tanja Buntrock: Geisel nach sechs Stunden an der A10 ausgesetzt Entführer wollten hochwertigen Geländewagen stehlen und entführten die Fahrerin nahe Bremen
Bremen/Potsdam - Mehr als sechs Stunden war sie in der Gewalt von Entführern: Die Odyssee, die in dem niedersächsischen Ort Stuhr bei Bremen begann, endete dann für eine 52-Jährige in einem Waldstück in Bergfelde im Landkreis Oberhavel. „Man kann von Glück sprechen, dass das Opfer bis auf einen Schock körperlich unverletzt geblieben ist“, sagte ein Ermittler am Mittwoch den PNN.
Stand:
Bremen/Potsdam - Mehr als sechs Stunden war sie in der Gewalt von Entführern: Die Odyssee, die in dem niedersächsischen Ort Stuhr bei Bremen begann, endete dann für eine 52-Jährige in einem Waldstück in Bergfelde im Landkreis Oberhavel. „Man kann von Glück sprechen, dass das Opfer bis auf einen Schock körperlich unverletzt geblieben ist“, sagte ein Ermittler am Mittwoch den PNN. Die Entführer, vier bis fünf maskierte Männer, sind noch flüchtig.
Nach PNN-Informationen soll es sich um Osteuropäer handeln, die es bei der sogenannten Car-Jacking-Aktion (Auto- Kapern) auf den hochwertigen Geländewagen Mercedes ML des Opfers abgesehen hatten. Das Opfer, Birgit H., ist in ihrem Heimatort Stuhr keine Unbekannte: Die Familie, die dort einen großen Reifenhandel betreibt, gilt als wohlhabend.
Das Entführungsdrama begann am Dienstagabend um kurz nach 23 Uhr. Bei der Polizei im für Stuhr zuständigen Kommissariat in Weyhe meldete sich ein Mann und berichtete, er habe Schreie gehört und das Auto seiner Nachbarin erkannt. Wie sich herausstellte, war Birgit H. offenbar tatsächlich auf dem Weg zu ihrem Reihenhaus in ihrer Straße von den maskierten Kriminellen abgefangen und in deren Auto gezerrt worden. Um was für ein Fahrzeug es sich handelte, ist laut Polizei noch unklar. Die Entführer teilten sich offenbar auf – ein Teil fuhr mit dem Opfer im Täterfahrzeug, der andere mit dem geraubten Mercedes ML (Wert zirka 100 000 Euro) über die A1 Richtung Berlin.
Da Birgit H. – Mutter zweier Kinder – dann auch zu Hause nicht erreichbar war, leitete die Polizei sofort eine Großfahndung ein. Die niedersächsische Polizei gründete eine Sonderkommission. Währenddessen fuhren die Räuber mehrere Stunden mit dem Opfer in Richtung Berlin. Um kurz vor sechs Uhr ließen die Täter die Entführte nahe der A10 am nördlichen Berliner Ring zwischen Birkenwerder und Mühlenbeck frei: Im Waldstück Heideplan in Bergfelde wurde sie an Händen und Füßen gefesselt an einen Baum gesetzt. Trotz der Fahndung gelang den Tätern am deutsch-polnischen Grenzübergang Pommellen die Flucht nach Polen.
Birgit H. schaffte es, ihre Fesseln zu lockern, und machte sich zu Fuß auf, um aus dem Waldstück zu gelangen. Dort entdeckte eine Autofahrerin von Weitem die Gefesselte und rief per Handy Hilfe. „Anschließend kümmerte sie sich um die Gefesselte“, sagte ein Ermittler. Die Polizei rückte sofort mit Spürhunden und etlichen Beamten aus. Das Opfer kam auf die Wache, wurde ärztlich begutachtet, von einem Notfallseelsorger betreut, machte erste Aussagen und meldete sich telefonisch bei ihrer Familie in Stuhr. „Da sie sehr mitgenommen war, wurde auf eine weitere Befragung zunächst verzichtet“, so ein Ermittler. Der Ehemann war gestern auf dem Weg nach Brandenburg, um seine Frau abzuholen, wie ein Angestellter des Reifenhandels in Stuhr sagte.
Die Fahnder versuchten indes, Beweismittel am Fundort zu sichern. „Reifenspuren, möglicherweise weggeworfene Zigaretten, alles kann wichtig sein, um die Fährte aufzunehmen“, so ein Ermittler. Doch bislang wissen die Fahnder aus der Befragung des Opfers nur, dass es sich wohl um Osteuropäer handelt. Die Entführte selbst habe nur zu einem Täter Kontakt gehabt, dieser habe mit ihr Deutsch gesprochen. Dass Banden Luxus-Autos über die Grenze nach Polen und teils von dort gen Osten verschieben, ist bekannt. Doch ein derartiger Fall sei „einzigartig im Land Brandenburg“, so ein Ermittler. Normalerweise knacken die Täter die Wegfahrsperren oder stehlen die Schlüssel der Autos.
Dass die Täter in diesem Fall das Opfer mitkaperten habe offenbar dazu gedient, die Tat so lange wie möglich zu verdecken und in Ruhe über die Grenze kommen zu können. Offen war, ob die Täter gezielt genau diesen Wagen stehlen wollten.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: