Brandenburg: Geistige Pilgerfahrt nach Jerusalem
Ab Pfingsten 2005 ist die Bischofsresidenz Ziesar Hauptexponat der Ausstellung „Wege in die Himmelsstadt – Bischof, Glaube, Herrschaft von 800 bis 1550“
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Ab Pfingsten 2005 ist die Bischofsresidenz Ziesar Hauptexponat der Ausstellung „Wege in die Himmelsstadt – Bischof, Glaube, Herrschaft von 800 bis 1550“ Von Guido Berg Ziesar – Der Umbau der Burg Ziesar zu einem zentralen Museum für die Christianisierung der Mark Brandenburg schreitet zügig voran. Zu Pfingsten kommenden Jahres wird die Dauerausstellung, deren wichtigstes Exponat die alte Bischofsburg selbst ist, als Großereignis der „Kulturland Brandenburg“-Kampagne eröffnet. Sie wird den Namen tragen „Wege in die Himmelsstadt – Bischof, Glaube, Herrschaft von 800 bis 1550“. Die alte Residenz der brandenburgischen Bischöfe soll „den Besuchern authentisch nahe gebracht werden“, erklärte Museumskurator Dr. Clemens Bergstedt gestern während einer Burgbegehung. Interessierte können sich die insgesamt 21 Residenzräume auf zwei verschiedenen Wegen erschließen. Einer führt durch die über 1000 Jahre alte Burg und ihre Geschichte. Ein zweiter thematisiert die geistliche Ebene, die des Glaubens. Schnittpunkt beider Wege wird ein Wandgemälde im ehemaligen Richtersaal sein, der vor der Erbauung der Kapelle 1470 durch Bischof Dietrich von Stechow als Kirche diente. Die Darstellung einer Majestas Domini, die Christus als Weltherrscher zeigt, ist einer der Höhepunkte des Rundgangs. Ein weiteres Wandgemälde zeigt eine Darstellung der heiligen Stadt Jerusalem, die – wie Proben ergaben – vor 1429 entstanden sein muss. Laut Bergstedt könnte es sich um eine „großflächige Pilgerkarte“ handeln. Aus der mangelnden Möglichkeit, selbst nach Jerusalem zu pilgern, hätten sich die Bischöfe mittels der Malerei auf eine „geistige Pilgerfahrt“ begeben. Unter der Leitung des Dresdners Wilfried Sitte haben Restauratoren die noch bis nach 1990 verdeckten oder übermalten Wandgemälde zu einem Großteil wieder sichtbar gemacht. Studenten von Prof. Detlef Saalfeld von der Fachhochschule Potsdam entwarfen das Ausstellungsdesign und gestalteten den wichtigsten Ausstellungsraum, den Richtersaal. Unter der Ägide des Potsdamer Architekten Gerald Kühn-von Kaehne entsteht derzeit am 35 Meter hohen Bergfried ein Neubau als Veranstaltungsraum, der fast vollständig von Glasscheibenfronten geprägt ist, die den Blick frei lassen auf Burghof und -park. Die Baukosten für die Burgrestauration und den Neubau betragen 5,2 Millionen Euro, für die Ausstellungsgestaltung stehen weitere 500000 zur Verfügung. Für die Restauration der Kapellenausmalung würden laut Sitte jedoch noch Spenden benötigt. Laut Museumskurator Bergstedt erhellt die alte Bischofsresidenz in der 2300-Einwohner-Stadt Ziesar, „dass es im Brandenburg des Mittelalters nicht nur die Markgrafen“ gab. 42 katholische Bischöfe haben in der Mark residiert, von „vielleicht sieben oder acht“ sei bisher bekannt, wo sie begraben sind. Einige fanden in der Kathedralstadt Brandenburg/Havel ihre letzte Ruhe, einzig Dietrich von Stechow wurde in der Burgkapelle Ziesar bestattet. Dass die Bischöfe ihre Domkapitel verließen und in kleineren Städten Residenz nahmen, war ein „Zug der Zeit“, ein Phänomen ab Mitte des 14. Jahrhunderts. Sie hofften dadurch eine größere Selbständigkeit zu gewinnen, so Bergstedt. Weitere Räume behandeln Themen wie „Die Götter der Slawen“ oder „Der Gott der Christen“. Laut Bergstedt hat es sowohl Momente des friedlichen Übergangs von der slawischen Religion zum Christentum gegeben, als auch Zwangsmerkmale nach der Devise von Bernhard von Clervaux „Tod oder Taufe“. Allerdings, so Bergstedt schmunzelnd, wollte Clervaux nur das Beste für die Massakrierten, denn er glaubte, das Himmelreich breche bald an. Wer zu diesem Zeitpunkt noch nicht getauft sei, wäre der ewigen Verdammnis anheim gefallen. Die heutige Burg Ziesar folgte einer slawische Vorgängerburg, Spuren aus der Zeit 800 n. Chr. sind nachweisbar. Mit der Reformation endete die Bischofsära, nach 1550 wurde die Burg Witwensitz für die Frauen verstorbener Kurfürsten. Von 1819 bis 1949 war die Anlage in Privatbesitz. Danach fungierte es bis kurz nach der Wende als Oberschul-Internat.
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