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Von Johann Legner: Gemeinden wollen mehr Eigenverantwortung

Städte- und Gemeindetag: Standarderprobungsgesetz soll ausgeweitet werden

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Potsdam - Brandenburgs Kommunalpolitiker fühlen sich gegängelt und unterschätzt. Ein Testlauf, das sogenannte Standarderprobungsgesetz, habe nachgewiesen, dass sie zusätzliche Aufgaben schultern können und die Bürger davon profitierten, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, der Bürgermeister von Werder (Havel) Werner Große (CDU) am Montag in Potsdam. „Vor Ort fallen die Entscheidungen oft schneller und stärker an den Interessen der Menschen orientiert“, stellt Große in Übereinstimmung mit den an dem Testlauf beteiligten Bürgermeistern. Deswegen sollten die ihnen mit dem Erprobungsgesetz von 2006 eingeräumten Möglichkeiten nicht nur erhalten bleiben, sondern auch ausgeweitet werden.

Einhellig ist die Kritik der Verantwortlichen in den Rathäusern an der Potsdamer Ministerialbürokratie, die ihnen das Leben schwer zu machen scheint. Der Falkenseer Bürgermeister Heiko Müller sagt, dort herrsche ein „großes Beharrungsvermögen“ und man scheue sich vor jeder Veränderung. Das seien „Supertanker, die nur schwer zu lenken sind“. Ganz ähnlich und parteiübergreifend sieht dies beispielsweise auch der Kollege Klaus-Dieter Hübner (FDP) aus Guben, der sich insbesondere im Bildungsbereich wesentlich mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde verspricht. Dort konnte jetzt erprobt werden, ob der Wechsel von Kindern in einen anderen Schulbezirk auch ohne die Einschaltung des Schulamtes funktioniert. „Da genügten ein paar Anrufe in der Nachbargemeinde und wir hatten solche Probleme gelöst und den Eltern lange Wege erspart“, sagt Bodo Oehme (CDU) aus Schönwalde-Glien. Und so nebenher entstünde damit auch eine bessere Vernetzung der Gemeinden untereinander.

Iris Schülzke (parteilos), die Amtsdirektorin des Amtes Schlieben aus dem Elbe-Elster-Kreis, verweist darauf, dass bislang selbst solche einfachen Ordnungsaufgaben wie die Genehmigung eines kleinen Laternenumzugs oder die Halteverbotsschilder wegen eines Umzugs Aufgaben seien, die der Kreis zu bewältigen habe. Jetzt, wo sich ihr Amt an der Erprobung beteiligt habe, sei sehr wohl nachgewiesen, dass solche Behördenakte direkt vor Ort gelöst werden können. Ähnlich argumentiert Teltows stellvertretende Bürgermeisterin Beate Rietz (SPD), die sagt, dass über Tempo-30-Zonen oder Parkausweise besser von denen entschieden werden sollte, die sich in der Gemeinde auskennen. Bei weitergehenden Veränderungswünschen kam es gar nicht erst zur Erprobung. Gescheitert ist das Amt Schlieben beispielsweise mit dem Versuch, in der Schulpolitik durch den Einsatz von Tele-Lernverfahren Standortentscheidungen für Schulen zu beeinflussen. Für diesen Testlauf gab es keine Genehmigung. Denn der ganze Versuch wurde von einer früher bei der Regierungszentrale, jetzt beim Innenministerium eingerichteten Stelle zum Bürokratieabbau begleitet und streng kontrolliert.

„Der Bürokratieabbau führt unseren Erfahrungen nach zunächst einmal zu erheblich größerem bürokratischen Aufwand“, sagt Große im Hinblick darauf. Auch deswegen sollte möglichst bald Schluss sein mit Erprobungsverfahren, und deren Ergebnisse sollten zu gesetzlichen Änderungen führen, die dann nicht nur in ausgewählten Kommunen eine bürgernahe Verwaltung ermöglichen. Und für die jetzt beginnende Diskussion um die Verwaltungsstrukturen des Landes fordern die Verantwortlichen in den Rathäusern eine bessere Beteiligung. „Es ist falsch, wenn der Landtag eine Kommission einrichtet und uns dabei außen vor lässt“, sagen die Verantwortlichen beim Städte- und Gemeindebund. Müller, selbst viele Jahre im Landtag, verlangt zusammen mit seinen Kollegen eine Grundsatzdebatte über die Verteilung der Aufgaben. „Die Bürger kommen sowieso immer zuerst zu uns und fragen“, sagt er. Es sei nur folgerichtig, dass ihnen dann so weit wie irgend möglich auch an diesen örtlichen Anlaufstellen geholfen werden könne. „Wir sind genauso gut ausgebildet und kompetent wie die übergeordneten Ebenen, aber näher an den Menschen dran“, sagt Große.

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