zum Hauptinhalt
Hilfe kommt. Innenminister Ralf Holzschuher - hier mit Polizeipräsident Arne Feuring - will in Brandenburg wieder mehr Polizisten auf Streife schicken – bis Oktober sollen es mindestens 150 zusätzliche Beamte sein.

© dpa

Polizeireform: Genügend Streifen wagen

Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) will „mindestens 150 Polizisten“ mehr auf Streife schicken. Das kündigte er am Mittwoch in Potsdam an.

Stand:

Potsdam - Im Land sollen bis Herbst 2014 wieder 124 Funkstreifenwagen im Einsatz sein – so wie es ohnehin erforderlich wäre. Er gab zu, dass 2013 im Gegensatz zu den Vorgaben der 2010 begonnenen Polizeireform und eines Landtagsbeschlusses im Schnitt weniger als einhundert Streifenwagen unterwegs waren. Im November seien es im gesamten Land nur 96 Fahrzeuge gewesen. Das sind also lediglich fünf Polizeiwagen in Kreisen wie Potsdam-Mittelmark oder Teltow-Fläming. „Das ist zu wenig, das ist auch polizeifachlich nicht richtig“, sagte Holzschuher. Ohne konkrete Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung im Vorjahr zu nennen, bestätigte der Minister, dass 2013 die Zahl der Autodiebstähle und Wohnungseinbrüche zugenommen hat. Gleichzeitig mussten die Bürger länger auf die Polizei warten, hat sich die Zeit bis zum Eintreffen seit 2010 von 24 auf 28 Minuten verschlechtert hat. Die Statistik misst nicht vom Notruf des Bürgers, sondern erst später, vom Einsatzbefehl der Leitstelle an die Fahrzeuge. Bei „Blaulicht-Fahrten“, zu denen erstmals Zahlen genannt wurden, waren es rund 19 Minuten. „Die Bürger können darauf vertrauen, dass Hilfe kommt, wenn Hilfe gebraucht wird“, versicherte Holzschuher.

Dass zu wenig Streifenwagen unterwegs sind, hat vielfältige Gründe, aber laut Holzschuher mit der Polizeistrukturreform nichts zu tun. Die hatte unter anderem zum Ziel, die Zahl der Polizisten bis 2019 auf 7000 zu verringern, wovon der frühere Innenminister und heutige Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) inzwischen abgerückt ist. Nach dessen letzten Angaben wird Brandenburg mehr als 7300/7400 Polizisten benötigen. Holzschuher wollte sich zu einer neuen Zielzahl für die Polizei nicht äußern. Er verwies darauf, dass es 8300 Polizisten gibt – davon 1630 Stellen für den Wach- und Wechseldienst, zu dem die Autostreifen gehören. „Auf dem Papier“ seien die 1630 auch da, sagte Holzschuher. Die Analyse habe aber gezeigt, dass real weniger Beamte auf der Straße sind. Ein Grund sei, dass die Polizeidienststellen außer Pritzwalk in der Nacht immer noch bewacht werden müssen, weil dort Waffen lagern. Das binde unnötig Personal. Beim Umbau der Dienststellen gebe es einen Rückstand von einem Jahr. Hinzu kämen der Krankenstand, diverse Abordnungen und eine Überbesetzung der Stäbe in den neuen Direktionen und Inspektionen. „Da gibt es deutliche Überhänge.“

Das will er ändern. Inzwischen gilt ein Versetzungsstopp, Abordnungen in Stäbe werden rückgängig gemacht. Außerdem sollen Polizeianwärter ihren Dienst im Wach- und Wechseldienst statt wie bisher in den Einsatzhundertschaften beginnen. Holzschuher versicherte, dass von den in die Grenzregion abgeordneten Hundertschaften und Polizisten keine Kräfte abgezogen werden sollen, ebenso wenig von der Kriminalpolizei. Dies war wie berichtet intern von der Polizeiführung erwogen worden. Er sei zuversichtlich, dass mit den mindestens 150 zusätzlichen Beamten 2014 wieder 124 Streifenwagen unterwegs sein werden, sagte Holzschuher. Für Landespolizeichef Arne Feuring wird dies eine extreme Herausforderung: Mit 1630 Stellen, also bei einem Verhältnis von 13 Beamten je Wagen, konnte das bisher nicht gewährleistet werden. Mit 150 neuen Streifenpolizisten könnte Feuring danach 12 Funkstreifenwagen mehr patrouillieren lassen – was immer noch zu wenig wäre.

CDU- und FDP-Opposition und Polizeigewerkschaften meldeten Zweifel an, dass Holzschuhers Plan aufgeht, forderten einen Stopp des Personalabbaus. Holzschuher laufe den Fehlentwicklungen weiter hinterher, sagte CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher. Der Bund der Kriminalbeamten begrüßte zwar, dass die Versetzung von Kriminalisten in den Streifendienst abgeblasen wurde. Auswirkungen habe das Holzschuher-Konzept aber trotzdem, weil die Polizeianwärter für die Kripo ausfielen: „Die Löcher werden gestopft, indem man andere reißt.“ Grünen-Innenpolitikerin Ursula Nonnemacher warf der Regierung bei der Polizei einen „Schlingerkurs“ vor. Sie sei verwundert über das Aufblähen der Stäbe: Bei der Polizeireform habe man versprochen „weniger Häuptlinge, mehr Indianer“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })