Brandenburg: Gericht: Für Deal fehlt Geständnis des Ex-Ministers Kein schnelles Ende im Prozess gegen Kurt Schelter
Richterin sieht „rudimentäres Teilgeständnis“
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Potsdam - Im Betrugs-Prozess gegen Brandenburgs Ex-Justizminister Kurt Schelter (CDU) gibt es vorerst keinen Justiz-Deal und damit auch kein schnelles Ende. Zwar hatte zuletzt die 5. Große Strafkammer am Potsdamer Landgericht nach Absprachen mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft ein solches Angebot zur Abkürzung des Verfahrens unterbreitet, nachdem der schwer erkrankte 65-jährige Ex-Landes- und Bundespolitiker mit einer Bewährungsstrafe von maximal achtzehn Monaten ohne Geldbuße davonkommen würde. Doch Schelters bisherige Erklärung erfülle nicht die dafür nötige Voraussetzung eines „tragfähigen Geständnisses“, sei allenfalls ein „rudimentäres Teilgeständnis“, erklärte die Vorsitzende Richterin Ulrike Phieler-Morbach am Montag. Damit geht der Prozess nun am 16. April regulär weiter. Eigentlich sollte dann auch Ex-Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) als Zeuge gehört werden, was infolge seines Schlaganfalls nicht möglich ist, wie Phieler-Morbach mitteilte. Es sei Schönbohm nicht möglich gewesen, die Empfangsbestätigung zu unterzeichnen.
Noch nie stand in Deutschland ein früherer Justizminister wegen Betruges vor Gericht. Schelter, der von 1999 bis 2002 oberster Dienstherr aller Richter und Staatsanwälte in Brandenburg und vorher bis 1998 Staatssekretär im Bundesinnenministerium unter Manfred Kanther war, galt stets als konservativer wie durchsetzungsstarker Law-and-Order-Politiker, schneidig, immer korrekt, auf Perfektion Wert legend – so haben ihn frühere Kabinettsmitglieder und Justizministeriale in Erinnerung.
Laut Anklage soll er den Bund und Brandenburg systematisch um rund 100 000 Euro Versorgungs- und Übergangsbezüge betrogen, 38 000 Euro Steuern hinterzogen und vor einem Gericht eine falsche Erklärung an Eides statt abgegeben haben. Laut Staatsanwaltschaft hat sich Schelter nach seinem Rücktritt im Sommer 2002 – Auslöser war damals die bekannt gewordene Pfändung seines Ministergehaltes nach Fehlspekulationen – vom Land knapp 22 000 Euro Übergangsgelder und vom Bund bis 2006 knapp 70 000 Euro Ruhegelder erschlichen, indem er zu verrechnende private Einkünfte in erheblicher Höhe von monatlich teilweise bis zu 29 000 Euro als Lobbyist, Anwalt und Berater den Behörden verschwieg. Sein Strafverteidiger Norbert Scharf hatte dazu am ersten Verhandlungstag eine Erklärung verlesen, wonach Schelter damals den „vollständigen Überblick“ über seine Einkünfte verloren, deshalb „möglicherweise“ unrichtige Angaben gemacht, „Überzahlungen in Kauf genommen“ hatte.
Mit dieser Version erfüllt Schelter auch für die Staatsanwaltschaft nicht die Voraussetzung für einen „Deal“, die zunächst darin „wesentliche Punkte der Anklage“ wiedergefunden hatte. Es seien allenfalls „aufkeimende Bemühungen der Annäherung an ein Geständnis“, sagte nun Staatsanwalt Ivo Maier. Zu einem Geständnis gehöre, dass Schelter die vorsätzliche Täuschung der Behörden einräume. Schelter und sein Anwalt kommentierten die neue Entwicklung zunächst nicht. Das Land Brandenburg versucht zudem bereits seit 2004, von Schelter 21619 Euro Übergangsgelder zurückzufordern, wogegen dieser klagte. Das Geld ist offenbar bis heute nicht zurückgezahlt worden. Die Sache sei „weiterhin anhängig“, erklärte das Finanzministerium am Montag auf Anfrage.
Das Potsdamer Landgericht ist derzeit mit politisch brisanten Prozessen ausgelastet. Während am Montag die Verhandlung im Fall Schelter lief, wurde im Saal nebenan der Betrugs-Prozess gegen den Hotelier Axel Hilpert um das Resort Schwielowsee fortgesetzt, was prompt zu Überschneidungen führte. Staatsanwalt Ivo Maier ist nämlich der Ankläger in beiden Verfahren, sodass er sich im Hilpert-Prozess diesmal vertreten lassen musste. Hilperts Anwältin Heide Sandkuhl wiederum hatte zunächst auch Schelter verteidigt. Auch die Vorsitzende Richterin Phieler-Morbach hat bereits Erfahrungen mit prominenten Angeklagten. Sie hatte 2009 Brandenburgs Vize-Rechnungshofpräsidenten Arnulf Hülsmann wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 8800 Euro verurteilt.
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