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Brandenburg: Geschichte im Bunker

Der Sohn eines ehemaligen US-Piloten eröffnete nahe Strausberg ein Museum über den Kalten Krieg

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Harnekop - Francis Gary Powers jr. kann es noch gar nicht fassen. Erst vor zwei Jahren hatte der US-Amerikaner den ehemaligen Atombunker des DDR-Verteidigungsministeriums nahe Harnekop bei Strausberg besucht. Nun eröffnet er am Samstag im früheren Stabsgebäude auf dem versteckt im Wald gelegenen Bunkergelände einen Ableger seines Cold War Museums. „Deutschland befand sich vor dem Mauerfall direkt am Eisernen Vorhang. Diese Geschichte darf im Interesse nachfolgender Generationen nicht verloren gehen“, sagt der 42-Jährige.

Powers Mission ist nicht zufällig. Sein Vater Francis Gary Powers sen. hatte 1960 ungewollt dafür gesorgt, dass sich der Kalte Krieg zwischen Ost und West verschärfte und ein bis dato ungeahntes militärisches Wettrüsten auf beiden Seiten einsetzte. Der US-amerikanische Pilot war mit seinem Aufklärungsflugzeug U-2 über sowjetischem Luftraum abgeschossen worden. In die Hände des Feindes geraten, wurde er wegen Spionage zu zehn Jahren Haft und Arbeitslager verurteilt.

Powers sen. wurde dann jedoch am 10. Februar 1962 überraschend auf der Glienicker Brücke zwischen Potsdam und West-Berlin gegen den in den USA festgenommenen russischen Agenten Rudolph Abel ausgetauscht. 1977 kam er dann bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben.

„Mein Vater starb, als ich gerade zwölf Jahre alt war“, erinnert sich Powers jr. Die Geschichte des U-2-Piloten habe er ganz allein herausfinden müssen. Als er in einem Gespräch mit amerikanischen Studenten erleben musste, dass die jungen Leute U-2 nur als den Namen einer Rockband kannten, sei ihm die Idee zu einem Cold War Museum gekommen. Es befindet sich inzwischen auf einem ehemaligen US-Raketengelände im amerikanischen Lorton.

Seit Samstag gibt es nun auch einen Ableger im brandenburgischen Harnekop. Zu verdanken hat der Museumsgründer das den Berlinern Bärbel und Horst Simon, die er vor einigen Jahren zufällig kennen lernte. Sie stellten den Kontakt zum Bunkerverein Harnekop her, der vier Museumsräume im Stabsgebäude anbot. Sie begannen Material zum Thema zu sammeln, Zeitzeugen zu befragen, Schautafeln und Vitrinen zu gestalten.

Der jetzt fertig gestellte erste Ausstellungsraum thematisiert den U-2-Zwischenfall in aller Ausführlichkeit. Weitere Schwerpunktthemen des Museums werden unter anderen der Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke, die Geschichte der Berliner Mauer sowie die Erinnerung an die Berliner Luftbrücke sein.

Ein berühmter Zeitzeuge aus jenen Nachkriegsjahren ist Ehrengast der Museums-Eröffnung in Harnekop. Pilot Gail Halvorsen hatte während der Berliner Luftbrücke (1948-49) für Kinder an kleinen Fallschirmen befestigte Süßigkeiten abgeworfen. Die spontane Idee wurde zum Programm, trug den US-Flugzeugen den Beinamen „Rosinenbomber“ ein.

„Die Blockade West-Berlins war ja quasi der erste Schritt hin zum Kalten Krieg, ich bin also ein Teil dieser Geschichte, die das Museum aufarbeiten will“, sagt der inzwischen 86 Jahre alte Halvorsen. Er ist erstmals in Harnekop. Mit Blick auf den gut erhaltenen und noch vollständig mit Original-Inventar bestückten Bunker sagt er: „Solche Anlagen hatten wir in Amerika auch, selbst die technische Ausstattung ist ähnlich“.

„Einen authentischeren Ort für das Thema hätte man wohl kaum finden können - auch wenn er sich etwas sehr abgelegen befindet„, fügte der rüstige Veteran hinzu. Er ist jedoch überzeugt, dass die Abgeschiedenheit dem Erfolg des Museums keinen Abbruch tut. “Wer sich für das Thema wirklich interessiert, macht sich auch auf den Weg nach Harnekop.“ Bernd Kluge

Bernd Kluge

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