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Brandenburg: Geschichte nicht verdrängen

Brandenburger Parlamentarier werden auf Stasi-Tätigkeit überprüft Mehrheit stimmt für Antrag von SPD und Linke zur „Versöhnung“

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Potsdam - Die neuen Brandenburger Landtagsabgeordneten sollen auf eine mögliche frühere Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR überprüft werden. Das Parlament beschloss am Mittwoch, dass ein entsprechendes Gesetz erarbeitet wird. Die Grünen legten bereits einen Gesetzentwurf vor, der zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen wurde. Zuvor hatten bereits die Fraktionen von SPD und Linke eine freiwillige Selbstüberprüfung beschlossen. Beide Parteien verhandeln derzeit über die Bildung einer rot-roten Regierung. Eine Regierungsbeteiligung der Linken ist jedoch umstritten, weil führende Funktionäre der Partei ehemalige Stasi-Zuträger sind. Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser, die als Studentin Kommilitonen bespitzelte, hatte erst durch ihren Verzicht auf ein Ministeramt den Weg für die Koalitionsverhandlungen freigemacht.

Dem Parlament legten SPD und Linke einen Antrag mit dem Titel „Versöhnung in der Verantwortung vor der Geschichte“ vor, der mit großer Mehrheit angenommen wurde. Darin verweisen SPD und Linke auf die Deutsche Teilung 1945 und die Entstehung einer Diktatur in Ostdeutschland. Mit der friedlichen Revolution in der DDR 1989 hätten die Menschen den Weg zu einer demokratischen Staatsordnung geebnet. Das sei ihr großes historisches Verdienst. Zugleich betonten beide Fraktionen, dass die Geschichte nicht verdrängt werden dürfe. Jeder Einzelne solle sich selbstkritisch die Frage stellen, welche Verantwortung er bis 1989 getragen habe. Der offene und kritische Umgang mit früheren Fehlern sei ebenso notwendig wie die Übernahme von Verantwortung für verursachtes Unrecht, hieß es weiter. Das Verhalten vor 1989 solle mit „menschlichem Maß und zugleich „im Lichte der letzten 20 Jahre“ bewertet werden. Vor diesem Hintergrund sollten die Abgeordneten auf StasiTätigkeit überprüft werden.

SPD-Fraktionschef Günter Baaske sagte, die Gelegenheit solle genutzt werden, da eine Stasi-Überprüfung laut Bundesgesetzgebung nur noch bis 2011 möglich sei. Die Überprüfung diene der Klarheit. Kaiser fügte hinzu, Offenheit sei eine Voraussetzung für eine demokratische Kultur. Die Linke habe sich einen offenen Umgang mit dem Thema Stasi erstritten. Die Wähler hätten der Partei im Wissen um die Vergangenheit ihre Stimme gegeben. Die Auseinandersetzung über die Vergangenheit werde jedoch nie aufhören. Kaiser ergänzte, ihre Akten lägen seit 1994 „vollumfänglich offen“. Jeder könne sich über ihre frühere Tätigkeit informieren. Auch auf ihrer Internetseite (kerstin-kaiser.eu) informiert die Linke-Politikerin ausführlich über ihre frühere Stasi-Tätigkeit. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Dieter Dombrowski, verlangte einen kritischen Umgang mit ehemaligen MfS-Mitarbeitern. Bislang hätten Linke-Politiker immer nur das eingeräumt, was durch Akten offengelegt worden sei. Der CDU-Politiker fügte hinzu: „Die Linken sind die juristischen Erben der SED und damit auch politische Erben der SED.“ Eine erneute Überprüfung der Abgeordneten könne aufgrund der laufenden Forschung in der Stasi-Unterlagenbehörde auch neue Ergebnisse bringen. Und wer freiwillig andere Menschen bespitzelt habe, habe nichts in öffentlichen Ämtern zu suchen.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte, die Linke könne nicht aus dem Spektrum der demokratischen Parteien ausgeschlossen werden. Es müsse jedoch eine öffentliche Auseinandersetzung über die Vergangenheit geben. Dabei gehe es vor allem auch um einen Anspruch, den jeder gewählte Abgeordnete an sich selbst stellen sollte. Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg aus Potsdam sprach von einem wichtigen Signal. Das Interesse der Menschen an einer Aufarbeitung der Geschichte der Stasi sei ungebrochen. Sie hätten einen Anspruch auf Transparenz, die durch eine Stasi-Überprüfung aller Abgeordneten sichergestellt werden könne. Susann Fischer

Susann Fischer

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