Brandenburg: Gestörter Hausfrieden im Naturschutz
Ministerpräsident Matthias Platzeck verabschiedet Eberhard Henne, den Chef des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin. Eine Forstbeamtin soll ihn beerben. Das sorgt für Zündstoff
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Potsdam – Es geht um die künftige Führung des zum UNESCO-Welterbe gehörenden Biosphären-Reservates Schorfheide-Chorin, um einen der wichtigsten Naturschutz-Posten des Landes Brandenburg. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will heute dessen langjährigen, anerkannten Leiter Eberhard Henne, der in der Ära von Manfred Stolpe sogar kurzzeitig Umweltminister war, mit einem Kolloquium in den regulären Ruhestand verabschieden.
Doch um die Nachfolge von Henne, der als Fachmann und „Naturschützer der ersten Stunde“ in den höchsten Tönen gelobt wird, tobt noch ein erbitterter Streit. Das Ministerium von Agrar- und Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) hat zwar längst entschieden, die Spitze des Biosphären-Reservates mit der Forstbeamtin Constanze Knape, der Leiterin der Forstschule Finkenkrug, zu besetzen, was Sprecher Uwe Schade auf Anfrage bestätigt. Doch Schade muss zugleich eingestehen, dass es zur Verabschiedung Hennes einen „geordneten Stabwechsel leider nicht geben wird“. Der Grund: In Folge noch laufender Konkurrentenklagen vor dem Arbeitsgericht Potsdam darf die Stelle vorerst nicht regulär besetzt werden.
Für Naturschützer in und außerhalb des Brandenburger Landesdienstes ist die umstrittene Personalie dem Vernehmen nach „ein Beleg mehr“ dafür, wie in dem vom früheren Umweltminister Matthias Platzeck (SPD) regierten Brandenburg der unpopulär gewordene Naturschutz „klein gehalten“ werden soll. Denn um die Henne-Nachfolge hatten sich auch profilierte Naturschutz-Beamte beworben, darunter der langjährige Leiter des Referates „Grundsätze, Koordinierung, Naturparke“ in der Abteilung Großschutzgebiete im Landesumweltamt Brandenburg, Martin Flade, zuständig für 51 Mitarbeiter. Er ist einer der Kläger, die sich gegen die Besetzung der Stelle mit einer fachfremden Forst-Beamtin wehren.
Er war jedoch im Umweltministerium in Ungnade gefallen, weil er sich nicht mit der von seinen Vorgesetzten geduldeten Fällung von 572 uralten Eichen im Totalreservat Redernswalde – Teil des Biosphären-Reservates Schorfheide-Chorin – abfinden wollte. Wie berichtet, blieb der Naturschutz-Skandal – einer der größten im Land seit 1990 – folgenlos. Ein anderer Kläger ist der langjährige Henne-Stellvertreter Uwe Graumann, der ebenfalls seit mehr als zehn Jahren in der Großschutzgebietsverwaltung des Landes Brandenburg tätig ist. Doch nach den bewusst gesetzten Kriterien der hausinternen Ausschreibung für den Posten zählt nicht in erster Linie Naturschutz-Fachkompetenz, sondern Leitungserfahrung – und „zwar mit 55 bis 60 Prozent“, wie Schade bestätigt. Und diese liege bei Frau Knape, die die Forstschule Finkenkrug „aus der Lethargie erweckt“ habe, vor. Zudem könne ein forstwirtschaftlicher Hintergrund in ihrer Vita für ein Biosphärenreservat wie Schorfheide-Chorin, das zu 80 Prozent aus Wald bestehe, „ja nicht schaden“. Den latent schwelenden Vorwurf einer Anti-Naturschutz-Personalie weist Schade vehement zurück. Schließlich habe nicht nur die ministerielle Auswahlkommission in einem geordneten Verfahren Knape favorisiert. Der Vorschlag sei auch in dem als gegenüber der Hausspitze kritisch bekannten Personalrat des Landesumweltamtes „durchgewinkt worden“, so Schade. „Die Personalie ist damit bestätigt.“ Allerdings noch nicht vom Potsdamer Arbeitsgericht. Wann es darüber entscheidet, ist offen.
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