Brandenburg: Gewalttäter frei – ohne Fußfessel Berlin: Staatsanwaltschaft
verpasst Frist
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Berlin - Nach rund 14 Jahren Haft ist der Berliner Sicherungsverwahrte Karl S. (Name geändert) am Mittwoch trotz Sicherheitsbedenken aus der JVA Tegel entlassen worden. Eine elektronische Fußfessel war von der Staatsanwaltschaft zu spät beantragt worden, könnte aber noch angeordnet werden. Eine Entscheidung soll erst Ende der Woche fallen, er wäre der erste Berliner, der sie tragen müsste.
„Die Staatsanwaltschaft sollte nicht mit dem Finger auf die Gerichte zeigen“, wies Gerichtssprecher Tobias Kaehne am Mittwoch Kritik von Ermittlern zurück. Das Kammergericht habe nicht anders handeln können. Tatsächlich habe die Staatsanwaltschaft schon im vergangenen Jahr versäumt, die Weichen zu stellen, hieß es. Dem Vernehmen nach fliegen derzeit zwischen Strafverfolgern und Gerichten die Fetzen, wer den Fall verbockt habe. Bei der Staatsanwaltschaft war nach der Freilassung des Gewalttäters von „Alarmstufe Rot“ die Rede.
Seit 1998 hatte S. in Tegel gesessen, abzüglich der etwa elf Monate im Jahr 2007/2008. Mit diesen elf Monaten hatte Karl S. Justizgeschichte geschrieben. Erstmals hatte sich ein Sicherungsverwahrter in Freiheit geklagt, weil die Justiz ein erforderliches Gutachten schlicht verschlampt hatte. Der Fall hatte große Wellen geschlagen. Erst im Mai 2008 gelang es, S. wieder in Sicherungsverwahrung zu nehmen. Er hatte sich freiwillig gestellt. Straftaten hat er in den elf Monaten nicht begangen.
S. verweist auch darauf, dass er alleine in diesem Jahr etwa 140 Mal unbegleiteten, meist ganztägigen Ausgang hatte – passiert sei nichts. Der 62-Jährige war 1998 zu sechseinhalb Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden, mit anschließender Sicherungsverwahrung: Er hatte seiner Freundin eine Schere in den Hals gerammt. Vorangegangen waren zahlreiche Straftaten, viele davon wegen Körperverletzung. Opfer waren oft Frauen. Jörn Hasselmann
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