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Vor der Wiederwahl. Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge.

© promo

Brandenburg: Gezerre um Datenschutzbeauftragte

Dagmar Hartge stellt sich im Landtag zur Wiederwahl. Doch einen Vorschlag des Innenausschusses gibt es nicht – wegen des Umgangs mit Verfahrensfragen und des Stimmverhaltens von SPD-Abgeordneten.

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Potsdam - Für die Bürger des Landes ist sie eine der wichtigsten Ansprechpartnerinnen. Am Mittwoch soll der Brandenburger Landtag die Landesbeauftragte für Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht neu wählen. Es wird wohl Amtsinhaberin Dagmar Hartge. Doch die 54-Jährige, seit 2005 Datenschutzbeauftragte des Landes und 2011 wiedergewählt, wird nun politisch beschädigt in die neue sechsjährige Amtsperiode gehen. Denn der Innenausschuss des Landtags konnte sich nicht einhellig auf Hartge einigen.

Die Abgeordneten stimmten am vergangenen Donnerstag mit sechs zu fünf Stimmen für die Amtsinhaberin und gegen eine Mitbewerberin. Damit gibt es keine Beschlussempfehlung, keinen Wahlvorschlag des Innenausschusses für die Abstimmung im Plenum. Nun müssen einzelne Fraktionen Hartge für eine weitere Amtszeit von sechs Jahren vorschlagen. Das wollen die rot-roten Koalitionsfraktionen von SPD und Linke übernehmen. Dabei fand die Datenschutzbeauftragte im Innenausschuss nach PNN-Recherchen nicht einmal vollen Rückhalt bei den Sozialdemokraten.

Dem Vernehmen nach haben die Vertreter von Linken, Grünen und Freien Wählern für Hartge gestimmt. Das sind vier Stimmen. Da CDU und AfD die 54-Jährige ablehnten, müssen vier SPD-Vertreter uneinheitlich votiert haben – je zwei für und gegen Hartge. Aus Koalitionskreisen wurde bestätigt, dass mindestens ein SPD-Abgeordneter gegen Hartge gestimmt haben soll. Auch ein Name fiel in allen Fraktionen: der des Ausschussvorsitzenden Sören Kosanke (SPD). Zugleich hieß es auf den Fluren des Landtags, Kosanke bestreite dies. Er selbst war am Montag für eine Anfrage nicht erreichbar.

Fraglich ist nun, wie die SPD-Fraktion unter diesen Umständen – also ohne volle Rückendeckung der SPD-Ausschussmitglieder – Hartge im Landtagsplenum für eine weitere Amtszeit vorschlagen will.

Zudem hat, so lautet der Vorwurf von mehreren Seiten in dem Gremium, offenbar der Ausschussvorsitzende Sören Kosanke (SPD) versagt – und damit Hartge ohne Not in ihrer Position politisch geschwächt. Das Landtagspräsidium hatte nach dem üblichen Prozedere für die Wahl im Plenum unter Tagesordnungspunkt 14 fünf Minuten angesetzt. Das Präsidium war davon ausgegangen, dass es einen Wahlvorschlag des Innenausschusses geben wird und eine offene Wahl möglich ist. Doch das ist nun passé.

In der Geschäftsordnung heißt es: „Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt der Landtag auf Vorschlag der Fraktionen“. Bei Hartges Wiederwahl vor sechs Jahren stimmten die Ausschussmitglieder in geheimer Wahl „mehrheitlich dafür, dem Landtag Frau Dagmar Hartge für das Amt der Landesbeauftragten für den Datenschutz (...) vorzuschlagen“.

Inzwischen hat der parlamentarische Beratungsdienst in dieser Frage aber für mehr Klarheit gesorgt. Laut einem Gutachten darf es für einen Wahlvorschlag keine Gegenstimmen, wohl aber Enthaltungen geben. Allerdings, so heißt es aus dem Landtag auch, hätten der Ausschuss und dessen Vorsitzender sich auch geschickt auf ein Verfahren verständigen können: Erst Abstimmung über die beiden Bewerberinnen, dann ein eigenes Votum für den Wahlvorschlag – es wäre eine Frage des politischen Willens und Geschicks gewesen, hieß es. Denn um einen mehrheitlichen Beschluss als Vorschlag für den Landtag zu deklarieren, hätte dies vorher besprochen und im Ausschuss geklärt werden müssen. Offenbar gab es nicht einmal den Willen dazu, sich darauf zu verständigen. wie Abgeordnete beklagen. Verfahrensfragen wurden offenbar ausgeklammert. Selbst aus der SPD-Fraktion hieß es, Kosanke habe offenbar keine Verständigung gewollt. Eine schlechte Vorbereitung auf die Sitzung werde ihm nicht abgenommen.

Am Montag versuchten vor allem die Grünen, zu retten, was zu retten ist. Sie wollen ein breiteres Bündnis schmieden. Zwar könnten sie dem Wahlvorschlag von Rot-Rot auch einfach beispringen. Doch die Grünen wollen lieber einen interfraktionellen Antrag einbringen und auch die CDU einbeziehen. Jetzt gehe es darum, alles für eine Lösung zu tun, mit der das Amt der Datenschutzbeauftragten nicht beschädigt werde, hieß es. Zumal es auch im Vorfeld aus Koalition und Opposition kein Signal gab, dass es Kritik an ihrer Arbeit – mit 23 Jahren Erfahrung in der Datenschutzaufsicht – gibt und sie sich eventuell um einen Job kümmern sollte.

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