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Kultur aus der Konserve. Karel Gott in Eisenhüttenstadt.

© Manfred Thomas

Von Thorsten Metzner: Goldene Stimme aus dem Off

Karel Gott kam trotz Krankheit zum Konzert nach Eisenhüttenstadt. Ärger gibt es jetzt weil der 70-Jährige Playback sang

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Eisenhüttenstadt - In seiner Heimat ist er so etwas wie ein Nationalheiliger, in Deutschland hat er immer noch viele Fans: Aber jetzt hat Karel Gott, 70 Jahre, die „goldene Stimme aus Prag“, der so hingebend „Babicka“ und „Biene Maja“ sang, unerwarteten Ärger. Und das ausgerechnet wegen eines gutwilligen Auftritts im brandenburgischen Eisenhüttenstadt. Der Fall sorgt in Tschechien bereits für Wirbel. Die Online-Ausgabe der Tageszeitung „Pravo“ widmete der Provinzposse bereits einen ausführlichen Beitrag. Gott selbst wird dort mit ernüchternden Sätzen zitiert: „Das ist mir eine Lehre. Ich bedaure, dass ich mich überreden ließ. Dabei habe mich nur bemüht, den Veranstaltern entgegenzukommen.“ Tief sitzt bei ihm das Unverständnis, die Enttäuschung über die nachträglichen Reaktionen aus Eisenhüttenstadt, die ehrabschneidenden Vorwürfe, die angedrohten rechtlichen Schritte.

Eigentlich ist gar nichts passiert, jedenfalls nicht viel. Es ist nur etwas geschehen, was in der unwägbaren Branche immer geschehen kann. Das Konzert, das Gott letzten Samstag in Eisenhüttenstadt gab, stand von Anfang an unter keinem guten Stern, was Gründe auf beiden Seiten hat. Veranstalter war der von der Stadt geförderte Tourismusverein Oder-Region Eisenhüttenstadt (TOR), dessen Geschäftsführerin Kathrin Henck, sich vorher stolz gebrüstet hatte, „diesen Weltstar hierher nach Eisenhüttenstadt zu holen“. Die Erwartungen waren hoch, wohl zu hoch, jedenfalls gemessen an den Zuschauerzahlen. Gott lockte immerhin 450 Gäste, ziemlich viel für Eisenhüttenstadt, aber eben wenig für eine Freilichtbühne mit 3000 Plätzen, davon tausend einstige Schalensitze aus dem Berliner Olympiastadion, die erst einmal gefüllt werden wollen. Und das in dieser unter hoher Arbeitslosigkeit leidenden Gegend, für deren Verhältnisse die Karten mit 27,50 Euro im Vorverkauf, mit 35 Euro an der Abendkasse zudem nicht gerade billig waren. Und zu allem Übel, das ist die andere Seite, war der Sänger auch noch an den Stimmbändern erkrankt, mit Folgen.

Zwar wurde der Abend, wie Augenzeugen berichten, für die Fans von Gott, einige aus Polen angereist, ein voller Erfolg. Auch die „Märkische Oderzeitung“ beschrieb dies so, allerdings registrierte der Lokal-Reporter aufmerksam, dass der Sänger „nur knapp 40 Minuten“ spielte, und dass, nun ja, „nicht nur die Musik vom Band“ kam, was „selbst dem Laien nicht verborgen“ geblieben sei: „Zum Großteil war auch der Gesang aus der Konserve geholt.“ Und genau das sorgt im Nachgang nun für einen ziemlich bizarren Streit für den Auftritt eines Sängers, Jahrgang 1939. Tourismusgeschäftsführerin Henck bestreitet nicht, von der Erkrankung gewusst zu haben, von der sie wegen eines Vetos aus dem Gott-Management aber das Publikum nicht habe informieren dürfen. Sie drohte dennoch öffentlich mit einer Klage. „Wir haben einen Vertrag für ein Live-Konzert unterschrieben“, sagte Henck – inzwischen im Urlaub und deshalb für diese Zeitung nicht erreichbar – jedenfalls der MOZ. Zudem habe der Vertrag „45 Minuten plus Zugaben“ vorgesehen. „Wir lassen jetzt rechtlich prüfen, ob der Vertrag erfüllt wurde. Die Leute fühlen sich betrogen.“ Das ist starker Tobak, das stand so auch in der „Pravo“, das weisen Gott und sein deutsches Management strikt zurück. Er habe das Konzert wegen der Erkrankung eigentlich absagen wollen, zitiert das tschechische Blatt den Sänger. Wie in solchen Fällen üblich, hätte dafür ein ärztliches Attest genügt, sagt er. Doch um dem Veranstalter zu helfen, habe er sich zum Auftritt bereit erklärt, eben mit Playback. „Der Veranstalter war einverstanden. Und jetzt beschweren sie sich.“ Und er weist darauf hin, dass man im Übrigen auch bei Playback mitsingen müsse: „Das ist nicht nur Pantomime.“ Der 70-jährige Sänger, der auf vielen Bühnen der Welt zu Hause war, hat seine eigene Erklärung für das Nachtreten aus Eisenhüttenstadt. Offenbar versuche man dort, sagte er, „auf diese Weise zu Geld zu kommen“.

Die feine märkische Art wäre das nicht.

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